Kategorie Innovation & Technologie - 23. Juli 2019

AIRLabs beflügeln österreichweite Drohnenforschung

Die unbemannte Luftfahrt erlebt derzeit dank vielfältiger Forschung an Drohnentechnologien eine wahre Renaissance. Der Luftraum als Route für den bemannte Flugverkehr soll erheblichen Zuwachs bekommen. Die Prognosen von Luftfahrtexpertinnen und -experten dazu gehen einher mit immer neuen Ankündigungen aus Industrie und Wirtschaft, vermehrt auf Drohnen für den Transport von Waren oder gar Passagieren zu setzen.

Neue (vertikale) Flugkorridore werden entstehen, doch neu entwickelte Fluggeräte müssen getestet und der steigende unbemannten Flugverkehr reguliert werden.

Das Verkehrsministerium (BMVIT) unterstützt im Rahmen des Luftfahrtprogramms Take Off, dem nationalen FTI-Programm für die zivile Luftfahrt, den Aufbau und Betrieb von Testinfrastrukturen für Drohnen. Seit letztem Jahr wurde dazu ein Innovationslabor im Wettberwerbsverfahren über Take Off ausgeschrieben. Vor kurzem ist nun die Entscheidung gefallen: Im Rahmen von AIRlabs Austria wird ein österreichweit neuartiges Innovationslabor für autonomes Fliegen aufgebaut.

Ein Konsortium um die FH Joanneum hat den Zuschlag für das 5-jährige Projekt gewonnen. Das Siegerkonsortium überzeugte vor allem durch sein einzigartiges Multisite-Konzept über sechs Stufen, das Forschung und Entwicklung, Validierung sowie Einsatz in Realumgebung über alle Technologiereifegrade hinweg abdeckt. Es bringt namhafte Partner aus Industrie, Forschung und Bedarfsträgern zusammen.

„Dies erlaubt ein Testen verschiedenster Drohnenanwendungen wie beispielsweise flugdynamischer Eigenschaften bei herausfordernden Wetterbedingungen im alpinen Bereich, den Flugbetrieb in Städten aber auch die Überwachung kritischer Infrastrukturen wie zum Beispiel Energienetze. Mit diesem Alleinstellungsmerkmal im internationalen Vergleich wird der Wirtschaftsstandort Österreich deutlich attraktiver und gestärkt“, betont Bundesminister Andreas Reichhardt und gratuliert dem Siegerkonsortium.

Zudem kommt diese Entscheidung in Hinblick auf die neue EASA-Drohnenverordnung (siehe unten) zum rechten Zeitpunkt: Die Infrastrukturen ermöglichen es dem BMVIT nun in kontinuierlicher Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung und Wirtschaft die Rahmenbedingungen für die nationale Umsetzung der Verordnung, wie zum Beispiel die Definition der geforderten Sperrzonen, zu schaffen.

„Das Testen unterschiedlichster Anwendungen für Unmanned Aerial Systems (UAS) wird nun möglich und neue Lösungen aus F&E Vorhaben können sowohl in Labor- als auch in Echtumgebungen realisiert werden. Besonders erfreulich ist es, dass sich ein ausgewogenes Konsortium mit 24 namhaften Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und der Bedarfsträger aus ganz Österreich für dieses Vorhaben gebildet hat“, betont Klaus Pseiner, Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG anlässlich der Bewilligung des Projektes.

Bundesländerübergreifende Testgebiete

Dies wird nun mit dem vom BMVIT (über die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG) und den 24 Konsortialpartnern getragenen Projekt AIRlabs möglich: Entsprechende Testgebiete werden österreichweit (aus-)gebaut. Diese sollen dann auch allen Partnern für Forschungs- und Entwicklungszwecke zur Verfügung stehen. In Kärnten wird es neben der 1400m³ großen Drohnenflughalle, die derzeit im Lakeside Park entsteht (Eröffnung im Winter 2019), ein mehrere Hektar großes Gebiet in Oberkärnten geben, das den Test großer Drohnenanwendungen ermöglicht.

© Austro Control

Die Klagenfurter Forscherinnen und Forscher arbeiten zu vielerlei Anwendungsfeldern mit Drohnen. Dies reicht von der Optimierung von Lieferdiensten, der Navigation in GPS-freien Gebieten (wie beispielsweise in der Raumfahrt) bis hin zum Einsatz von Drohnen in Katastrophenfällen und in der Industrie.

Auch die Steiermark erfüllt aufgrund der topografischen Vielfalt die Anforderungen sowohl für Tests im urbanen Raum als auch im hochalpinen Gelände. So sind neben spezialisierten Forschungseinrichtungen auch Entwickler-, Hersteller- und Anwenderseite beteiligt. Insgesamt werden vier Millionen Euro investiert, davon kommen zwei Millionen von der FFG.

„Die Drohnenforschung in Österreich steht seit Jahren vor großen logistischen Herausforderungen. So gibt es kaum ausreichend große Gebiete, die von der Austro Control für Forschungs- und Entwicklungszwecke freigegeben werden können, da der herkömmliche Flugverkehr recht engmaschig verteilt ist“, erklärt Stephan Weiss, Projektkoordinator der Universität Klagenfurt. Für diverse Testzwecke braucht die Forschung aber Gebiete, für die Sondergenehmigungen bestehen, die unterschiedliche Anwendungen für Unmanned Aerial Systems (UAS) erlauben.

Kooperation mit dem Bundesheer

Ein gemeinsames Interesse an der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit im Bereich der Drohnen gibt es auch zwischen BMVIT und dem Verteidigungsministerium (BMLV). Ein Kooperationsabkommen beider Ministerien soll die Erprobung unbemannter Luftfahrzeuge forcieren, um einen besseren Einblick in die technologischen Möglichkeiten und deren Anwendbarkeit in bisher unerschlossenen Einsatzgebieten zu bekommen.

Das Österreichische Bundesheer stellt dafür militärische Flugplätze für die Erprobung zur Verfügung und leistet damit einen wesentlichen Beitrag für die Forschung. Die zunehmende Bedeutung der Nutzung bzw. des Einsatzes von unbemannten Luftfahrzeugen führt zu neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Deshalb spielte auch das Thema Drohnenabwehr eine bedeutende Rolle in der ersten Ausschreibung des neuen österreichischen Verteidigungsforschungsprogramms FORTE (FORschung & Technologie). Zwischenfälle mit Drohnen besonders an Flughäfen in der jüngeren Vergangenheit zeigen die Notwendigkeit zur Abwehr von Drohnen, aber auch der Schutz kritischer Infrastruktur mittels dieser Geräte wird in Zukunft eine bedeutendere Rolle spielen.

FORTE steht in der Programmverantwortung des BMVIT wird und inhaltlich jedoch in enger Koordination mit dem BMLV abgewickelt. Unter der ersten Tranche erfolgreich eingereichter Projekte findet sich etwa der Schutz kritischer Infrastruktur wie Strom, Wasser oder auch Lebensmittellager vor Drohnenschwärmen. FORTE ist daher ein Musterbeispiel, wie auch in der angewandten Forschung BMVIT und BMLV bei gesamtstaatlichen Herausforderungen zusammenarbeiten.

Ebenfalls im Fokus: Der Wettbewerbsvorteil für die Drohnen- und Flugzeugindustrie in Österreich, damit die österreichische und europäische Luftfahrtbranche auf dem Weltmarkt weiterhin wettbewerbsfähig bleibt.

Eckpunkte des neuen Drohnenregulativs

Bereits am 11. Juni 2019 wurde eine neue EU-Drohnenverordnung publiziert. Drohnen sollen demnach künftig nach Größe und maximaler Flughöhe in die Kategorien open, Specific und Certified eingeteilt.

Drohnen zwischen 250 g und 25 kg müssen zukünftig registriert werden. Eine behördliche Bewilligung ist nicht mehr erforderlich, sofern das Gerät in Sichtverbindung betrieben wird, eine Flughöhe von 120 m nicht überschritten wird und ein sicherer (je nach Gewicht des Gerätes entsprechend großer) Sicherheitsabstand zu Menschen eingehalten wird (open Kategorie).

Erforderlich wird auch die Absolvierung eines Online-Trainings inklusive Test zum Nachweis der erforderlichen Kenntnisse sein.

Abhängig vom Gewicht der Drohnen (Unmanned Aircraft Sytem, UAS) werden diese in weitere Sub-Kategorien unterschieden:



  • A1 sind UAS <250g die nicht über Menschenansammlung betrieben werden dürfen.

  • A2 sind UAS <4kg die in einem Mindestabstand zu Personen von 30m bzw. im low-speed mode 5m aber nicht über Menschenansammlungen betrieben werden dürfen.

  • A3 sind UAS <25kg die nicht über Menschenansammlungen bzw. im Nahbereich von Menschen (Mindestabstand 150m) betrieben werden dürfen.

Behördliche Bewilligungen braucht man künftig dann nur mehr für das Fliegen mit Drohnen in der Specific oder der Certified Kategorie, also für Geräte die schwerer als 25kg sind, die außerhalb einer Sichtverbindung betrieben werden oder die für spezielle Einsätze vorgesehen sind.

Es wird für die Staaten auch die Möglichkeit geben, Zonen festzulegen, wo auf keinen Fall geflogen werden darf, wie beispielsweise in der Nähe von Flughäfen.

© apa

In Zukunft können jedoch in Österreich registrierte Drohnen der open Kategorie auch im EU-Ausland betrieben werden. Das war bisher nicht der Fall und man brauchte für die meisten Länder eine entsprechende Bewilligung des Fluggerätes.

Dem Verkehrsministerium (BMVIT) obliegt es nun, gemeinsam mit Vertretern der Forschung und der Industrie Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Verordnung zu kreieren, so Swen Göring von der Stabsstelle Sicherheitsmanagement im BMVIT.

Die zuständige Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat nun eine EU-Verordnung ausgearbeitet, mit der das Fliegen mit Drohnen in der EU einheitlich geregelt wird. Nach einer einjährigen Übergangsfrist wird das neue Regulativ ab Juli 2020 für Österreich zur Anwendung kommen. Bis dahin gelten noch die derzeitigen österreichischen Drohnen-Regeln. Für Drohnen der Kategorie open werden zwei Jahre für die Umsetzung der Vorgaben gewährt.

Das neue europäische Drohnen-Regulativ hat sich in vielen Punkten das derzeit in Österreich geltende Regelwerk zum Vorbild genommen. Expertinnen und Experten von Austro Control und des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) haben sich in die Entwicklung der europäischen Regeln mit Ihrer Expertise und Ihren Erfahrungen eingebracht.

Der Betrieb über Städten und Dörfern und vor allem bei Menschenansammlungen bei Veranstaltungen, Sportevents, Konzerten und Unfällen ist aus Sicherheitsgründen freilich weiterhin verboten, nur mit besonderer Bewilligung im Einzelfall möglich. Strengstens verboten ist auch der Betrieb in der unmittelbaren Nähe von Flughäfen.

INFObox: Das AIRlabs Austria Innovationslabor wird im Rahmen eines Take Off Projektes den Aufbau und Betrieb einer einzigartigen Drohnen-Testinfrastruktur realisieren. Die zukünftige Forschung, Entwicklung und Zulassung von UAS (Unpiloted Aerial Systems) wird in realen Erprobungsgebieten unterstützt und ermöglicht somit einen Innovationspfad über alle Technologiereifegrade. Verantwortlich zeichnet ein Konsortium unter Führung der Fachhochschule Joanneum und des AIT Austrian Institute of Technology mit insgesamt 26 Organisationen aus Wirtschaft und Forschung in ganz Österreich. Durch die Vielfalt der Mitglieder im Konsortium ist sichergestellt, dass die Gesamtkompetenz für autonome Mobilität genutzt werden kann.