21. Dezember 2016

Der selbstfahrende Bus als kleiner Fahrgastzulieferer

Salzburg – Er stoppt, wenn ein Hindernis vor ihm steht, fährt bis zu 45 Stundenkilometer und bewegt sich ohne Fahrer, aber mithilfe von Sensoren, GPS und Kameras auf den Straßen. Der selbstfahrende Minibus des französischen Herstellers Navya Tech hat im Oktober bereits einmal in Salzburg vorbeigeschaut. Nun hat die Forschungsgesellschaft Salzburg Research den Zuschlag für eine ganze Testregion erhalten.

Bis 2019 gibt das Verkehrsministerium 25 Millionen Euro für drei Testregionen mit automatisierten, selbstfahrenden Fahrzeugen aus. Auf der A2 Südautobahn wird vom Automobilzulieferer AVL List ein Autobahnpilot mit automatischem Spurwechsel getestet, das Bundesheer nimmt sich in den Tests selbstfahrende Traktoren und LKWs vor. Salzburg Research setzt in ihren Tests auf den öffentlichen Verkehr. „Es geht weniger um Wertschöpfung, sondern um die Zukunft der Mobilität. Wir sollten das Themenfeld nicht alleine Konzernen überlassen“, sagt Karl Rehrl, Leiter des Forschungsschwerpunktes Mobilität bei Salzburg Research.

In Zukunft sollen die Kleinbusse nicht bestehende Buslinien ersetzen, sondern als Fahrgastzulieferer zu den bestehenden Öffis fungieren. Damit könne die Lücke der sogenannten letzten Meile vom Wohnort zur nächsten Haltestelle geschlossen werden.

In Salzburg sollen die automatisierten Busse auch erstmals alpinen Bedingungen ausgesetzt werden. „Solche Busse sind noch nie auf Schnee gefahren. Wir müssen austesten, wie der Bus auf glatter Fahrbahn reagiert“, sagt Karl Rehrl. Einsatzgebiete sieht die Forschungsgesellschaft Salzburg Research vor allem im ländlichen Bereich. Auch für eine touristische Nutzung oder im Pendlerbereich sollen Szenarien getestet werden. Wo genau die Busse getestet werden, ist noch nicht entschieden. Die Großglockner Hochalpenstraße ist im Gespräch, in Koppl im Flachgau könnte der fahrerlose Elektro-Minibus Menschen aus dem Ortszentrum zur Postbushaltestelle bringen und im Salzburger Stadtteil Itzling könnte er die Salzach über einen Fußgängersteg nach Lehen queren.

Im kommenden Jahr werden sich die Forscher vor allem mit der technischen Bedienung und Programmierung beschäftigen und Daten sammeln. Auch die Reaktionen von anderen Verkehrsteilnehmer sind für den Einsatz als öffentliches Verkehrsmittel zentral. Bei der ersten Präsentation im Oktober seien etwa viele Fußgänger absichtlich vor den Minibus gehüpft, um zu testen, ob er stehen bleibt, schildert Rehrl.

Mischverkehr als Aufgabe

Auch nach den ersten Testregionen werde wohl weiter in die Erforschung des automatisierten Fahrens investiert werden, meint Martin Russ, Geschäftsführer der Austria Tech, die als Koordinationsstelle für die Tests agiert. Denn: „Wir müssen den Rahmen, den wir heute kreiert haben, morgen wieder anpassen.“ Nun müsse zuerst die Wirkung getestet werden, danach könnten erst die notwendigen Regelungen erfolgen. „Der Mischverkehr wird die nächsten fünfzig Jahre unsere große Herausforderung sein.“

Ein Allheilmittel für Verkehrsprobleme sei das automatisierte Fahren nicht, sagt Johannes Gfrerer vom Salzburger Verkehrsverbund. „Das Problem des begrenzten Straßenraums wird man durch automatisierte Busse nicht lösen.“ Im urbanen Raum liege die Zukunft eher im schienengebundenen Linienverkehr. (Stefanie Ruep, 21.12.2016)