Kategorie Innovation & Technologie - 31. Dezember 2016

Die Architektur der Sonnenenergie

Wer heute Sonnenenergie zur Gewinnung von Elektrizität nutzen möchte, schraubt die Paneele in den meisten Fällen aufs Dach. In Zukunft werden die Möglichkeiten vielfältiger. Solarzellen sollen zum integralen Teil von Gebäudefassaden, Fensterflächen und Dachstrukturen werden. Architektur und Energietechnik wachsen stärker zusammen.

In diesem Feld der Bauwerksintegration von Photovoltaik arbeitet Lukas Maul. Der erst 27-jährige Lektor und Forscher am Institut für Erneuerbare Energien der FH Technikum Wien leitet Österreichs Beteiligung im entsprechenden Bereich des Technologieprogramms Photovoltaik (PVPS) der Internationalen Energieagentur IEA. Maul koordiniert in dem von Verkehrsministerium und Klimafonds unterstützten Projekt sechs heimische Forschungseinrichtungen, um die internationale Vernetzung voranzutreiben und Voraussetzungen für künftige Standardisierungen bei der Integration von Paneelen zu schaffen.

Die Arbeitspakete reichen dabei von der Sammlung globaler Beispielprojekte bis zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Richtlinien. Einer der Bereiche, in denen Maul besonders stark engagiert ist, ist die Einschätzung der Nachhaltigkeit der neuen Techniken. „Die Frage ist, wie man die integrierte Photovoltaik in die Gesamtnachhaltigkeitsbilanz eines Gebäudes miteinbeziehen kann“, so der Forscher. Auf der einen Seite konsumiert ein Gebäude durch die teilweise Selbstversorgung weniger Energie, auf der anderen müssen auch Material, Herkunft und Produktion der Solarpaneele sowie Entsorgung und Recycelbarkeit miteinbezogen werden. „Werden die Solarpaneele direkt ohne entsprechende Hinterlüftung in die Gebäudehülle eingebracht, etwa über eine Klebeverbindung, so kann es nicht nur Probleme mit dem thermischen Verhalten geben, auch die Materialtrennung am Ende der Verwendungsdauer ist schwieriger“, gibt Maul ein Beispiel.

Eine optimierte Verwendung der Photovoltaik steht auch in einem weiteren Projekt, an dem der aus Attersee stammende Forscher Anteil hat, im Fokus. In „Infinity – Climate sensitive long-time reliability of photovoltaics“, gefördert vom Klimafonds, erforscht er mit Kollegen und Partnerinstitutionen wie der Kärntner CTR oder dem Leobner PCCL, wie Solarpaneele an verschiedene Klimabedingungen angepasst werden können. Sie müssen etwa in den Alpen anderen Umwelteinflüssen standhalten als in den Tropen und sollen jeweils spezifische Eigenschaften erhalten.

Eigentlich hatte er nicht damit gerechnet, in der Forschung zu landen, blickt Maul zurück. Während seines Studiums der Erneuerbaren Urbanen Energiesysteme an der FH Technikum war er im energiepolitischen Bereich, bei Greenpeace und dem Dachverband für erneuerbare Energien tätig. Bevor er am Institut, an dem er studiert hatte, seine Forscherlaufbahn begann, hatte er ein Semester in China verbracht, um sich dort mit Green-Building-Standards zu beschäftigen. Als Spross einer Architektenfamilie sei für ihn die Verbindung von Energietechnik und Architektur besonders spannend, so Maul. Das bildet sich auch in den familiären Debatten ab: „Es kommt vor, dass ich mit Blick auf die Energiebilanz eines Bauwerks sage: Überlegts euch die Konstruktion noch einmal!“