16. Oktober 2015

Donau-Naturversuch bringt Kiesdünen am Flussgrund ans Tageslicht


APA/APA (dpa)

Bisher unbekannte Kiesdünen am Donaugrund wurden im Zuge des „Pilotprojekts Bad Deutsch-Altenburg“ entdeckt. Es zeigte sich auch, dass der Schotter am Grund permanent rollt und der Umbau von Querbauwerken im Wasser effektiv war, berichteten Forscher bei einer Tagung in Wien. In dem Projekt soll die Donausohle östlich Wiens stabilisiert und Fluss wie Auen ökologisch reanimiert werden.

Die ersten Ergebnisse, wie sich das Pilotprojekt auf den Fluss und die Au auswirkten, wurden von den beteiligten Forschern bei einer Fachtagung an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien vorgestellt. Das Vorhaben hat drei Hauptziele, so Robert Tögel von der Wasserstraßen-Gesellschaft viadonau.

Methoden gegen Sohleeintiefung

Auf einer drei Kilometer langen Versuchsstrecke sollten Methoden gegen die Sohleeintiefung der Donau getestet werden, die den Auwald im Nationalpark Donauauen und die Schifffahrt gefährdet, weil dadurch der Wasserspiegel sinkt. Weiter sollten die Augewässer mit dem Strom vernetzt und seine Ufer ökologisch verträglicher gestaltet werden. Die nötigen Bauarbeiten wurden im Juli 2014 beendet.

Der dabei durchgeführte Uferrückbau machte sich bezahlt und bietet gemäß der ersten Ergebnisse der Biologen nun Eisvögeln, Uferläufern und Regenpfeifern wieder einen Lebensraum, erklärte Helmut Habersack vom Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau der Boku gegenüber der APA. Eine Wiederanbindung des zuvor weitgehend verlandeten „Johler Arms“ brachte außerdem Fischen einen Lebensraum mit Laichplätzen, die vor Wellenschlag geschützt sind.

Spektakulärer Erkenntnisgewinn

„Wissenschaftlich ist der Erkenntnisgewinn teilweise spektakulär“, so Habersack. Man habe zum Beispiel bis vor einem Jahr nicht gewusst, dass es auf der Donau Kiesdünen wie bei einer Wüste gibt. „Sie sind bis zu 45 Zentimeter hoch, teilweise zehn bis 15 Meter lang und bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von über fünf Meter pro Stunde“, sagte er. Was wissenschaftlich hochinteressant ist, habe aber bei den Bauvorhaben eher gestört, als grober Schotter gegen die Sohleintiefung aufgetragen wurde. Den Baugrund zu planieren war kaum möglich, weil von stromaufwärts ständig Dünen herbeigewandert kamen.

Der Schotter konnte zwar schließlich aufgebracht werden, verhielt sich aber anders, als angenommen. Laut Modellen der Planer und Wasserbaulaborversuchen sollte ein Belag aus Steinen mit vier bis sieben Zentimetern Durchmesser bis zu einem hundertjährlichen Hochwasser stabil sein. „Sie bewegten sich in strömungsorientierten Bereichen aber deutlich stärker als angenommen, wie wir unter anderem mit markierten Steinen und Echolot-Aufnahmen zeigen konnten“, erklärte der Forscher. Daher wurden auch Steine bis zu zwölf Zentimetern Durchmesser eingebaut, die einen besseren Beitrag zur Stabilisierung der Donausohle leisten. „Insgesamt hatte die ‚granulometrische Sohlverbesserung‘ mit der ursprünglichen Steingröße aber einen geringeren Effekt, als angenommen“, sagte Habersack.

Überraschend effektiv sei hingegen der Um- und Rückbau der Querbauwerke (Buhnen) in der Donau bei Witzelsdorf und Bad Deutsch-Altenburg gewesen. Weil sie durch das Absinken des Flussbetts quasi aus dem Wasser herausgewachsen sind, habe man sie niedriger gebaut, sie wurden schräg zur Strömungsrichtung anstatt in rechtem Winkel dazu angelegt, ihre Zahl wurde reduziert und landseitig sind sie nun offen, damit sie Fischen in Ufernähe nicht den Weg versperren. „Die neuen Buhnen leisten einen großen Beitrag zur Sohlstabilisierung, und es bleibt sogar zu viel Material liegen, das man nun für die nötige Fahrwassertiefe der Schifffahrt wieder wegbaggern muss“, erklärte Habersack.

Die Rechenmodelle wurden an diese Erkenntnisse angepasst und es könnten etwa die Buhnen wieder ein wenig erhöht werden, um den Effekt zu optimieren. Doch die Schifffahrt habe jetzt schon Vorteile durch den Umbau, denn dadurch wird die Fließgeschwindigkeit entlang der Buhnen reduziert und die Fahrrinne ein wenig breiter.

Man habe durch solche Ergebnisse einerseits gelernt, dass man die einzelnen Maßnahmen optimieren muss, andererseits erfahren, wie stark die Donau auf relativ kleine Eingriffe reagiert, und man die Eingriffe gut aufeinander abstimmen muss.

Positive Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt

„Auch, dass die Uferbefestigung an vielen Stellen abgebaut wurden, hat sich ökologisch bewährt“, sagte der Wasserbauer. Dadurch konnten sich Steilufer und Schotterbänke bilden, die Vögeln geeignete Lebens- und Bruträume bieten. Die Botaniker berichten von positiven Auswirkungen auf die Vegetation in den Uferbereichen. Im wieder mit der Donau vereinten Johler Arm nahmen laut Zoologen vom Aussterben bedrohte Fische wie Streber, Frauennerfling und gefährdete Arten wie Aalrutte, Nase, Zingel und Zander zu.

Mit den physikalischen Erkenntnissen zu den Kiesdünen und der ständigen Wanderung der Geschiebesteine könne man sogar eine biologische Besonderheit in der Donau erstmals erklären, so Habersack. Gewässerboden-Organismen wie Zuckmücken-, Köcherfliegen- und Eintagsfliegenlarven wurden hier nämlich kaum in den obersten zehn Zentimetern, sondern stets weiter im Flussbett vergraben gefunden. Am häufigsten sind sie in etwa 40 Zentimetern Tiefe, sie wurden aber auch schon bis zu einem Meter tief im Schotterlückenraum lebend gefunden. „Wir dachten, dass es eventuell ein methodischer Fehler war und sie einfach geflüchtet sind, wenn wir mit den Biologen Proben genommen haben“, sagte er. Doch sie zögen sich wohl eher vor den ständig am Gewässergrund rollenden Dünen und Schottersteinen zurück, die sie sonst erdrücken und zerreiben würden.