Kategorie Innovation & Technologie - 18. Mai 2020

Europäisches Patentamt verbietet Patente auf biologische Züchtungen

Europäische Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere dürfen nicht mehr erteilt werden. Das hat die Große Beschwerdekammer als höchste Rechtsprechungsinstanz des Europäischen Patentamts (EPA) entschieden. Die Kammer befand, dass Pflanzen und Tiere aus im Wesentlichen biologischen Züchtungsverfahren nicht geschützt werden dürfen. Ausgenommen sind Patentanträge, die vor Juli 2017 eingereicht wurden.

Frucht des Anstoßes: Seit Jahren tobte ein Streit um ein Patent auf insektenresistente Chili- und Paprikapflanzen, die aus konventioneller Züchtung stammen (EP2140023). Das Patent umfasst die Pflanzen und deren Verwendung, die Früchte, die als Lebensmittel verwendet werden, das Saatgut sowie alle Züchtungsschritte, einschließlich der Selektion – sogar Anbau und Ernte der Pflanzen, des Saatguts und aller relevanter Pflanzensorten wurden als Patent beansprucht. © pixabay

Patente sollen Erfinderinnen und Erfindern helfen, ihre technischen Erfindungen vor Nachahmungen zu schützen. Sie sorgen für Rechtssicherheit in Forschung und Entwicklung. Pflanzen und Tiere sind jedoch keine technischen Erfindungen. Sie müssen von der Patentierung ausgenommen sein. In Österreich ist diese Praxis unbestritten: Das Österreichische Patentamt erteilt keine Patente auf Leben.

„Österreich, als Gegner der ersten Stunde von Patenten auf Leben, hat in dieser Frage immer eine sehr strikte Haltung eingenommen. Das Österreichische Patentamt erteilt keine Patente auf Leben. Wir haben uns gemeinsam mit vielen anderen Ländern mehrfach für eine Neuregelung des europäischen Patentrechts ausgesprochen“, so die zuständige Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

„Die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer ist ein wichtiger Meilenstein. Österreich wird weiter darauf einwirken, dass dieser essentielle Bereich nicht nur durch einzelne Rechtsprechungen geregelt wird. Eine endgültige Rechtssicherheit kann durch eine entsprechende Änderung des Europäischen Patentübereinkommens erzielt werden. Österreich wird weiterhin dafür eintreten, dass Patente auf Leben nicht erteilt werden“, so Gewessler weiter.

Das Europäische Patentamt, das für die Erteilung europäischer Patente zuständig ist, hat zwar keine konventionellen biologischen Verfahren, wie Kreuzung und Züchtung, patentiert, die Pflanzen und Tiere hingegen, die daraus entstanden sind, konnten bis zuletzt patentiert werden.

Österreich, als Gegner der ersten Stunde von Patenten auf Leben, sprach sich gemeinsam mit vielen anderen Ländern mehrfach für eine Neuregelung des europäischen Patentrechts aus.

Auch Umweltgruppen hatten sich mehr als zehn Jahre für das Verbot eingesetzt und sprechen von einem Meilenstein. Zugleich fordern sie aber weitere Konkretisierungen durch den Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation (EPO) als Aufsichtsorgan des EPA. Denn strittig ist den Kritikern zufolge weiter, was genau konventionelle Verfahren sind. Schlupflöcher müssten geschlossen werden.

Gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere dürfen weiter patentiert werden. Die Gegner hatten sich anfangs auch dagegen gewandt. Hier steht aber ein technischer Vorgang im Mittelpunkt. Auch mit der Genschere Crispr hergestellte Lebewesen sind patentierbar.

INFObox: Das Österreichische Patentamt ist als nachgeordnete Dienststelle des Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) die Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz in Österreich mit Sitz in Wien. Im Patentamt kümmern sich über 200 Expertinnen und Experten um die Absicherung von Erfindungen, Mustern (Designs) und Marken.