Kategorie Innovation & Technologie - 1. Juni 2017

Feuchtgebiete aus dem Weltall beobachten

Andreas Trawöger haben es die im Wiener Umland gelegenen und großteils unter Naturschutz stehenden Feuchtgebiete wie etwa die Lobau und die March-Thaya Auen angetan. Es ist eine bekannte Tatsache, dass diese Naturschutzgebiete durchaus Wandlungen unterliegen. Die tatsächlichen Veränderungen wie beispielsweise das Verlanden – also das Zuwachsen – der Lobau werden derzeit zwar punktuell im Rahmen einzelner Projekte beobachtet, ein flächendeckendes Monitoring des gesamten Gebietes östlich der Donau, March und Neusiedlersee fehlt aber.

Um diesen Umstand zu ändern, nutzt Trawöger frei verfügbare Satellitendaten. Mit Hilfe riesiger Mengen an Daten will er erstmals ein umfassendes Monitoring des gesamten Gebietes ermöglichen.

Wien und sein Umland: ein Ausschnitt aus den im Zuge des Monitorings generierten Bildern © CC-BY-AT 3.0 Hexaplant.com based on Sentinel 2016 data

Wien und sein Umland: ein Ausschnitt aus den im Zuge des Monitorings generierten Bildern © CC-BY-AT 3.0 Hexaplant.com based on Sentinel 2016 data

Die offenen Daten hinter „Feuchtgebiete“

Die von der ZAMG über den Sentinel National Mirror Austria verteilten Satellitendaten bilden die Grundlage der Projektidee „Feuchtgebiete“. Doch woher kommen die riesigen Datensätze, auf die Trawöger zurückgreift? Die sogenannten „Sentinel-Daten“ stammen von einer Satelliten-Flotte der European Space Agency – ESA. Die Satelliten sind Teil des 1998 gestarteten Erdbeobachtungsprogramms „Copernicus“ der Europäischen Union und sollen unter anderem der Umwelt- und Klimaforschung und dem Katastrophenschutz dienen.

Das Programm wird sieben Weltraummissionen umfassen, aktuell sind drei Satelliten-Flotten unter den Namen Sentinell-1 bis -3 bereits im All unterwegs. Die Weltraummission Sentinell-1 umfasst vier Radar-Satelliten, von denen zwei (Sentinel-1A und -1B) bereits aktiv sind. Die Raumfahrtmission Sentinel-2 verfügt über zwei identische Satelliten, die Bild-Daten zur Erde schicken. Seit 2016 ist auch der erste Sentinel-3 Satellit unterwegs.

 

Das wirklich Besondere an den Informationen, die die Sentinel-Satelliten in unvorstellbarer Menge produzieren: Sie stehen als Open Data zur Verfügung. Benötigt wird „nur“ ein Rechner, der in der Lage ist, mit derartigen Datenmengen auch noch umgehen zu können. Beim Data Pioneers Create Camp stellte die ZAMG neben anderen Daten auch einen schnellen Zugang zu Sentinel-1 und Sentinel-2 Daten zur Verfügung – und eine Infrastruktur, die diese ungeheuren Datenmengen verarbeiten kann.

„Feuchtgebiete“ und die Sentinel-Daten

Eine erste Basis zu Trawögers Projektidee entstand bereits im November 2016 beim Copernicus Hackathon. Dort arbeiteten er und einige Kolleginnen und Kollegen (unter anderem von der TU Wien und der BOKU) daran, anhand vorhandener Überflutungsdaten aus den Niederlanden einen Algorithmus auf seine Richtigkeit zu überprüfen, der in weiterer Folge zur kontinuierlichen Messung von Boden-Feuchtigkeit zum Einsatz kommen kann.

Darauf aufbauend entstanden an Universitäten einige Forschungsprojekte mit dem Ziel, ein wissenschaftlich gültiges Modell zu entwickeln, Gebiete mittels Satellitenbildern beobachten zu können. Die Informationen der Sentinel-1 und -2 Daten werden mithilfe besagter Algorithmen kombiniert, um ein konstantes Monitoring anhand der Daten theoretisch möglich zu machen.

Andreas Trawöger möchte praktisch aufzeigen, was für Chancen in den neuen Technologien stecken – etwa für Wiens umliegende Feuchtgebiete und die geschützten Auenlandschaften. Das Ziel seines Projektes ist es, den Grundstein für neue Möglichkeiten zu legen, um sich für die Erhaltung der Naturschutzgebiete einsetzen zu können.

INFObox: Entstanden ist das Projekt „Feuchtgebiete“ im Rahmen von Data Pioneers. Im Programm Data Pioneers wurden Unternehmen dabei begleitet, die Welt von Open Innovation und Open Data zu erkunden und die daraus resultierenden Chancen zu nutzen. Unter dem Begriff Open Data (offene Daten) werden nicht-personenbezogene Daten in maschinenlesbarer Form, die als kostenlose, öffentliche Ressource von jedem Menschen nutzbar sind, zusammengefasst. Fünf Unternehmen sind Anfang Februar beim Data Pioneers Create Camp mit Open Data-Expertinnen und Experten sowie Entwicklerinnen und Entwicklern zusammengekommen, um gemeinsam neue Ideen der Informationsverknüpfung, der Darstellung, Apps oder Business-Ideen zu entwerfen. Insgesamt sieben Projektideen sind im Rahmen von Data Pioneers entstanden.


Das Programm Data Pioneers ist ein Kooperationsprojekt des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) und des Open Data Portals Österreich.