25. Juli 2018

Launch: Galileo-Flotte wird vervollständigt

Heute werden die nächsten vier Galileo-Satelliten mit einer Ariane-5-Trägerrakete in die Erdumlaufbahn gebracht. Der Start ist für 13:25 Uhr MESZ geplant und erfolgt vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana (08:25 Uhr Ortszeit).

Flug VA244: Die Ariane-5 mit den Galileo-Satelliten 23-26 an Bord auf dem Startplatz. © ESA

Galileo ist Europas eigenes globales Satellitennavigationssystem, das aus den Satelliten im Weltraum und der zugehörigen Bodeninfrastruktur besteht. Diese neuesten vier Galileo-Satelliten werden die Flotte im Orbit auf 26 Satelliten erhöhen und damit die vorläufige Vollständigkeit garantieren. Weitere Starts wird es dennoch geben, um Reservesatelliten der Galileo-Flotte im Orbit zu platzieren. Somit ist man erneut einen Schritt näher an der vollen Leistungsfähigkeit des Galileo-Systems, die für 2020 erwartet wird. Dann wird die Flotte samt Reserve aus 30 Satelliten bestehen.

Es ist nun schon der zehnte Start in der Geschichte des Galileo-Programms und der dritte in Folge mit der europäischen Trägerrakete Ariane-5. Alle Galileo-Satelliten sind nach Kindern benannt, deren Zeichnungen beim Galileo-Zeichenwettbewerb 2011 als Siegerbilder ausgewählt wurden. Die vier jetzigen Satelliten sind nach Tara aus Slowenien, Samuel aus der Slowakei, Anna aus Finnland und Ellen aus Schweden benannt.

Start & Ablauf

Ein Livestream zum Start in Kourou beginnt bereit um 13:00 Uhr MESZ mit den Startvorbereitungen sowie dem Start um 13:25 Uhr. Die Trennung der oberen Stufe der Ariane-5 erfolgt etwa neun Minuten nach dem Start, gefolgt von einem etwa 10-minütigen Zündung derselben.

Die obere Stufe – die alle vier 715 Kilogramm schweren Galileo-Satelliten trägt – fliegt drei Stunden und acht Minuten bevor sie durch eine zweite Oberstufe, deren Abbrennen etwas mehr als sechs Minuten dauert, in eine kreisförmige Umlaufbahn gebracht.

Sobald der Galileo-Dispenser drei Stunden und 36 Minuten nach dem Abheben eine stabile Lage erreicht hat, gibt er die ersten beiden Satelliten frei, 20 Minuten später das zweite Paar.

Österreichische Technologie

Das Infrastrukturministerium, das seit 2014 auch offiziell das Weltraumministerium ist, finanziert Programme der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit und ermöglicht dadurch österreichischen Betrieben eine Teilnahme an ESA-Missionen. So stammen etwa die Treibstoffleitungen oder auch Ventile für den Flüssigantrieb der Trägerrakete Ariane-5 von heimischen Unternehmen.

Bei der aktuellen Galileo-Mission der ESA liefert die Weltraumtechnikfirma RUAG Space Austria mit Sitz in Wien-Meidling die Thermalisolierung für die Satelliten sowie Elektronikeinheiten der zentralen Steuerungscomputer aller Satelliten. Die Thermalisolierung schützt die empfindliche Bordelektronik des Satelliten vor den extremen Temperaturschwankungen im All.

Mit den vier weiteren Satelliten sind künftig insgesamt 26 Galileo-Satelliten im Weltall, die alle durch Thermalisolierung aus Österreich vor Hitze und Kälte im Weltall geschützt werden. Auch die Elektronikeinheiten für die zentralen Steuerungscomputer der vier Satelliten wurden in Österreich entwickelt und produziert.

Multilayer Insulation (MLI), auch Superisolation genannt, ist ein Wärmedämmmaterial die aus mehreren dünnen Schichten besteht. Mehrschichtige Isolierung wird nicht nur für Satelliten im Weltraum sondern bspw. auch in der Medizin für MRI-Scanner eingesetzt. © RUAG Holding AG

Das Weltraumministerium fördert bereits seit 2002 Forschung und Entwicklung durch das Österreichische Weltraumprogramm ASAP, welches vielen heimischen Unternehmen die Chance gibt, an ESA-Missionen teilzunehmen und ihre Expertise damit auch international unter Beweis zu stellen.

Für den Forschungsstandort Österreich bedeutet ASAP mit bereits 600 erfolgreichen Projekten die Basis für den Zugang zu internationalen Märkten, globalen Weltraumkooperationen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Insgesamt investiert das Weltrauministerium pro Jahr rund 70 Millionen Euro in den österreichischen Weltraumsektor.

Warum braucht Europa Galileo?

Im Moment verfügen nur die USA sowie Russland über satellitengestützte Navigationssysteme. Beide werden vom Militär finanziert sowie kontrolliert und können bei Bedarf (aus militärischer, sicherheitspolitischer oder wirtschaftlicher Sicht) für zivile Nutzer verfälscht oder gar abgeschaltet werden.

Das Navigationsgeschäft wird derzeit hauptsächlich durch das amerikanische GPS-System bestimmt. Die USA sichern ab, dass mindestens 24 der weit über 30 im Weltraum befindlichen Satelliten ständig Signale senden.

Aber GPS, genauer gesagt, das zur Verfügung stehende zivile Signal, ist nicht hundertprozentig zuverlässig. Die Nutzer werden von Fehlern nicht unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Auch ist der Empfang zum Teil lückenhaft, insbesondere in den dicht bebauten Städten und in höheren Breitengraden. Bei Anwendungen, die eine rasche Ortung erfordern, ist zudem die Präzision beschränkt. Auch übernehmen die Betreiber, das heißt die militärischen Dienststellen der USA, keine Garantien und keine Haftung. Die Folgen wären beispielsweise bei Flugzeugunfällen verheerend.

Der Start kommt auch zu einer Zeit, in der Galileo in sein zweites Jahr der Initial Operations geht und mit einem sehr guten Signal ausgetstattet ist, welches nun in allen neuen Generationen von  Mobiltelefonen nutzbar ist.

Funktioniert Galileo schon?

Ja, die Europäische Kommission hat den Galileo Initial Services im Dezember 2016 für betriebsbereit erklärt. Dies war ein wichtiger Meilenstein für die Aktivitäten der EU im Weltraum. Seitdem haben sich Galileos Positionierungs- und Timing-Dienste für die Endnutzer ständig verbessert. Die meisten heute verkauften Smartphones sind bereits Galileo-fähig und Galileo hat daher bereits Hunderte von Millionen Nutzern.

Die Galileo Initial Services im Detail:

• Galileo Open Service: ein kostenloser Service für Positionierung, Navigation und Timing, ähnlich dem GPS. Mit dem Open Service können alle aktivierten Empfänger beispielsweise in Smartphones oder Navigationssystemen im Auto Signale von Galileo-Satelliten empfangen, um ihre Position zu berechnen. Der Positionierungsdienst ergänzt die Positionierung von GPS und anderen Satellitennavigationssystemen. Der Timing-Dienst bietet andererseits eine ungeheure Präzision in Bereich von Nanosekunden sowie ein Maß an Robustheit, das für Synchronisationsaktivitäten im Infrastrukturbereich unbedingt erforderlich ist.
• Der Such- und Rettungsdienst von Galileo Search and Rescue ist Europas Beitrag zum Cocas-Sarsat-Notfunkortungssystem. Dank diesem hat sich die Lokalisierung von Notsignalen deutlich verbessert. Der Galileo-Service verkürzt die Zeit, die erforderlich ist, um eine Person, die mit einem Notsignal ausgerüstet ist, in weniger als zehn Minuten an einer Vielzahl von Orten zu finden, darunter auf See, in Bergen oder Wüsten, aber auch in städtischen Gebieten.
Galileo Public Regulated Service (PRS) ist ein verschlüsselter Dienst für Behörden in „sicherheitsempfindlichen“ Anwendungen. Dies könnte militärische Operationen einschließen. Es zielt darauf ab, die Service-Kontinuität für seine Teilnehmer auch in widrigsten Umgebungen zu gewährleisten. Es bietet einen besonders robusten und vollständig verschlüsselten Dienst für Regierungsbenutzer während nationaler Notfälle oder Krisensituationen und wurde von allen Mitgliedstaaten beschlossen.

Space weather effects in der oberen Atmosphäre: Dies kann sich auf den Luftverkehr, den Straßenverkehr, die Schifffahrt und andere Aktivitäten auswirken, die von einer präzisen Positionierung abhängen. Galileo soll u.a. helfen, diese Einflüsse präziser vorauszusagen und trotz dieser Einflüsse eine punktgenaue Navigation ermöglichen. Visualisierung © ESA

Beispiele

• Leben retten auf See: Galileo kann weltweit auf allen Handelsschiffen eingesetzt werden, wodurch eine erhöhte Genauigkeit und eine widerstandsfähigere Positionierung für eine sicherere Navigation erreicht wird.
Landung von Flugzeugen: Derzeit nutzen 350 Flughäfen in fast allen EU-Ländern EGNOS, was die Landung bei schwierigen Wetterbedingungen sicherer macht und somit Verzögerungen und Umleitungen vermeidet.
Verkehrssicherheit: Ab April 2018 ist Galileo in jedes in Europa verkaufte Automodell integriert und unterstützt das eCall-Notfallsystem. Ab 2019 wird es in digitale Fahrtenschreiber von Lastkraftwagen integriert, um die Einhaltung der Fahrzeitregelungen sicherzustellen und die Verkehrssicherheit zu verbessern.
Landwirtschaft: 80% der Landwirte, die die Satellitennavigation für die Präzisionslandwirtschaft nutzen, sind EGNOS-Nutzer.

Entwicklung des Programms

Galileo wurde in den 1990er Jahren gegründet, als die Europäische Union die Notwendigkeit eines eigenen unabhängigen globalen Satellitennavigationssystems erkannte. Die ersten beiden Versuchssatelliten wurden in den Jahren 2005 und 2008 in die Erdumlaufbahn gebracht. Zwei operative Satelliten folgten 2011. Galileo ist seit Dezember 2016 in Betrieb und bietet den Endnutzern präzise und sich ständig verbessernde Zeit- und Ortungsdienste. Im Jahr 2016 wurde erstmals die europäische Trägerrakete Ariane-5 eingesetzt, um vier Galileo-Satelliten gleichzeitig zu transportieren.

Weiterführende Links:

30 Jahre ESA-Austria: Zahlen, Daten & Fakten

Österreich, die Weltraumnation: 30 Jahre ESA-Mitgliedschaft

ESA-Direktor Aschbacher: „Erdbeobachtung rettet Menschenleben“

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.