24. Juli 2015

Jagd nach Planeten anderer Sterne: Nasa meldet „Earth 2.0“

Wenn die Nasa eine ihrer Sensationen kundtut, insbesondere eine von der Planetenjagd, dann ist sie mit Superlativen rasch bei der Hand bzw. beim Mund: „Earth 2.0“ oder auch der „Cousin der Erde“ sei gefunden, hieß es diesmal auf der Pressekonferenz, aber dann kam doch etwas Überraschendes: „Then I felt like some watcher of the skies/When a new planet swims into his ken.“ Das ist aus einem Sonett von John Keats, er schrieb es 1816, als ihn die Homer-Übersetzung von Chapman in Begeisterung versetzt hatte, es beginnt so: „Much have I travelled in the realms of gold“.

Das Gold ist das der Poesie, und die kam nun auch über John Jenkins, der Nasa-Mann zitierte Keats, als er die jüngsten Exoplaneten präsentierte. Dass es sie überhaupt gibt, steht erst seit 20 Jahren fest, damals entdeckte man den allerersten. Inzwischen kennt man 4175 Kandidaten – davon sind 1919 gesichert –, die meisten hat die Nasa-Sonde Kepler gesichtet, die ihre Kameras ständig auf 150.000 Sterne hält – das sind Zentralgestirne wie unsere Sonne – und an leichten Veränderungen der Helligkeit bemerkt, ob gerade ein Planet an dem Stern vorbeizieht.

In der jüngsten Fundfuhre hat Kepler wieder 500 Kandidaten gesichtet, alles Interesse gilt einem: Kepler 452b. Er ist 1400 Lichtjahre von der Erde entfernt, und er ist ist eine Supererde – ein Planet, der etwas größer ist als die Erde. In unserem Planetensystem gibt es keine Supererden, in den Weiten des Alls hingegen sind sie der häufigste Typ, sie stellen 25 Prozent aller Exoplaneten.

Das heißt noch lange nicht, dass es auf ihnen Leben geben könnte, dazu müssen Planeten in der habitablen Zone liegen, gerade so weit von ihrem Muttergestirn, dass es nicht zu heiß ist und zu kalt für die Bedingung von Leben in uns bekannter Form: flüssiges Wasser. Planeten in solch wohltemperierten Zonen heißen auch Goldilocks – nach einem Märchen, in dem ein Mädchen, das sich im Wald verirrt, von Bären bewirtet wird, erst zu kalt, dann zu heiß, dann gerade recht –, Kepler 452b gehört dazu.

Gestein oder Gas? 50:50!

Aber das wirklich Neue an ihm ist sein Stern. Der ist etwa so groß wie unsere Sonne, er ist der erste gesichtete in dieser Größe, um ihn kreist Kepler 452b mit seinem 1,6-fachen Erddurchmesser in 385 Tagen. Soviel weiß man, sonst nichts, man weiß nicht einmal, ob der Planet aus Gestein ist oder Gas: Man kennt seine Masse nicht, diese kann die Sonde nicht messen. Deshalb schätzt die Nasa: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Planet aus Gestein ist, liege bei 50 bis 62 Prozent, und die Masse beträgt das Fünffache der Erde.

Aber eines weiß man doch noch sicher, Kepler 452b ist nicht mehr lange in der habitablen Zone, wenn er denn überhaupt noch dort ist: Sein Stern ist 1,5 Milliarden Jahre älter als unsere Sonne, und Sterne erhöhen im Laufe ihres Lebens ihre Leuchtkraft, gegen Ende blähen sie sich zu Roten Riesen, dann wird die Sonne die Erde ausdörren, bei der Venus hat sie das schon lange getan. Und Kepler 452b hat zu seinem Stern den Abstand, den Venus zur Sonne hat, das steht im Kleingedruckten (Astronomy Journal 23.7.).

Aber falls es dort doch Leben gäbe? Dann könnte es froh sein, dass es so weit weg ist von uns: Den Fund des Golds bei der Lektüre von Homer vergleicht Keats nicht nur mit dem eines Planeten, der einem Astronomen vor die Linse kommt, er hat noch einen weniger gemütlichen Heroen, „Cortez with his eagle eyes“. Was sie erblickten, die Augen des Konquistadoren, dem erging es nicht gut.