14. Oktober 2017

Neue Knotenpunkte für Transporte durch die Stadt

Wien – Wann einkaufen, wenn man den ganzen Tag in der Arbeit verbringt? Wer täglich in die Arbeit pendelt, kann sich schönere Dinge vorstellen, als abends noch an einer Supermarktkassa anzustehen. Heimzustellung? Fehlanzeige, wenn man Single ist oder die Familie tagsüber auf Arbeits- und Schulstätten verteilt ist.

Neue urbane Logistikkonzepte sollen hier Abhilfe schaffen. In multifunktionalen Logistik-Hubs an hochfrequentierten Verkehrsknotenpunkten könnten bei der abendlichen Heimfahrt per Auto oder Bahn nicht nur Versandpakete, die dorthin umdirigiert wurden, mitgenommen werden. In speziellen Fächern könnten auch Lebensmitteleinkäufe, die man tagsüber online geordert hat, hinterlegt werden, sodass sie bequem mit nach Hause genommen werden können. In der australischen Stadt Sydney etwa wurde ein derartiges „Click and Collect“ -Konzept bereits umgesetzt.

Ideen für Citylogistik

Die Idee könnte auch für Wien interessant sein. Zumindest möchte man sich im urbanen Mobilitätslabor Thinkport Vienna über dieses und ähnliche Konzepte Gedanken machen. In Zeiten von Energiewende, E-Commerce und Trends wie Lebensmittelzustellung möchte Thinkport als Plattform dienen, um neue Ideen und neue Bedürfnisse zusammenzubringen und Forschung, Wirtschaft, öffentliche Hand und Zivilgesellschaft zu vernetzen. Das Ziel: Innovation in der Citylogistik zu konzipieren, zu testen und umzusetzen.

An dem vorerst bis 2021 laufenden Projekt, das vom Verkehrsministerium unterstützt wird, sind der Hafen Wien und die Universität für Bodenkultur Wien beteiligt. Das Mobilitätslabor mit Standort am Wiener Hafen wird bei einer Veranstaltung kommende Woche eröffnet. Künftig sollen sich hier auch einschlägige Start-ups ansiedeln.

Für Projektleiter Manfred Gronalt, den Leiter des Instituts für Produktionswirtschaft und Logistik der Boku Wien, ist es zuerst einmal wichtig, Bewusstsein für das Themenfeld Citylogistik und die einhergehenden Herausforderungen zu schaffen. In Workshops sollen Bürger miteinbezogen werden, ein Infobus soll in den Wiener Bezirken herzeigen, wie etwa ein Paket-Hub der Zukunft aussehen könnte. „Wir möchten dazu beitragen, Logistiksysteme zu bauen, die gut funktionieren und den Lebensraum Stadt nicht übermäßig belasten“, sagt Gronalt.

Auch auf Projekte der Boku soll aufgebaut werden. Im Rahmen des Projekts „Cargo2go“, das von der Förderagentur FFG mit Mitteln des Verkehrsministeriums unterstützt wurde, entwickelten die Forscher von Gronalts Institut gemeinsam mit Projektpartnern wie dem Lastenradzusteller Heavy Pedals und dem Biovertrieb Adamah ein Konzept für eine dynamische Feinverteilung, die Faktoren wie Distanzen, Kapazitäten, Konsolidierung und Pünktlichkeit miteinbezieht und dabei umweltschonend bleibt und das Verkehrsaufkommen nicht wesentlich erhöht.

Lebensmittel per Lastenrad

Zum Einsatz kam ein „Hub and Spoke“-System, bei dem die Belieferung über Zentralknoten führt, um Transport und Beladung zu optimieren. Im Zuge eines Anwendungsbeispiels wurde die Lastenradzustellung eines Lebensmittelhandels über den Tagesverlauf mit entsprechenden Simulationen und Routenplanungen „durchgerechnet“. Das Konzept geht etwa davon aus, dass für die Standorte der Knotenpunkte nur vorhandene Infrastruktur infrage kommt und die Logistik keine zusätzliche urbane Flächenexpansion kosten darf.

Die Gestaltung und Verteilung von Paketräumen in der Stadt werde auch für Thinkport ein Thema sein, erklärt Gronalt. Sie dienen als Basis, um zu verschiedenen Tageszeiten nach Vereinbarung Kunden beliefern zu können, um die Anzahl erfolgloser Zustellversuche zu minimieren. Derartige multifunktionale Paketräume dürften nicht proprietär sein – sprich: Die Zustellunternehmen in einer Stadt sollten sie gemeinsam nutzen.

Eine weitere Idee betrifft den Handwerkerverkehr in der Stadt. Die Verfügbarkeit von Parkplätzen ist bei Baustellen – in vielen Innenstädten – ein nicht zu unterschätzendes Problem. Wie sperrige und schwere Güter oder Werkzeuge an den Zielort bringen, wenn kein Parkplatz in der Nähe ist? Eine Lösung könnte hier ein „Handwerkertaxi“ sein, dass den Transport von Materialien und Werkzeugen übernimmt und sie am richtigen Ort zu richtigen Zeit bereitstellt, danach den Parkraum aber sofort wieder freimacht.

Dass sich der Warentransport in dicht besiedelten Räumen verändern wird, ist klar. Es bleibt spannend, welche Logistikideen tatsächlich den Weg in eine langfristige Praxis finden. (Alois Pumhösel, 14.10.2017)


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Thinkport Vienna