Kategorie Innovation & Technologie - 30. Januar 2019

Portrait: Österreichs größtes +Energie Bürohochhaus

Plus-Energie-Häuser zu bauen ist heute kein Problem mehr – als Ein- oder Mehrfamilienhaus. Aber als Bürohochhaus einer Universität, mit mehreren Instituten, deren Arbeit ohne Abstriche reibungslos und voller Energie funktionieren muss? An der TU Wien ist dies bei einem extrem komplexen Projekt gelungen: In zweijähriger Arbeit wurde das vom Ende der 1960er Jahren stammende, ehemalige Chemie-Hochhaus der TU Wien zu einem echten Haus der Zukunft umgebaut.

Österreichs größtes Plus-Energie-Bürohochhaus steht in dieser Art seit knapp fünf Jahren am Campus der TU Wien am Getreidemarkt in Wien und war zur Fertigstellung sogar das weltweit erste Bürohochhaus mit dem Anspruch, mehr Energie ins Stromnetz zu speisen, als für Gebäudebetrieb und Nutzung benötigt wird.

Zu Besuch in & an Österreichs größtem Plus-Energie-Bürohochhaus:

Energiegigant

Bei der umfangreichen Sanierung stand nicht nur die Maximierung der Photovoltaikfläche, sondern die Reduktion des Energiebedarfs aller Gewerke und Anlagen im Vordergrund. Ein nach wie vor zukunftsweisendes Projekt samt der größten fassadenintegrierten Photovoltaikanlage des Landes.

Der imposante Bau beherbergt verschiedene Fakultäten der Universität und wurde als Leitprojekt des Programms Haus der Zukunft auch durch Mittel des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) realisiert. In Kooperation mit der TU Wien, dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) war es zugleich einzigartiges Forschungs- und Bauprojekt, das es in dieser Form noch nie gegeben hat.

Der ursprüngliche Bau wurde 1969-71 errichtet und in einer dreijährigen Planungs- und Bauphase zum heutigen Gebäude adaptiert. Mit einer Nettonutzfläche von 13.500 m² auf elf Etagen bietet das Gebäude nun Platz für ca. 800 TU-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine Auslastung inklusive aller Seminarräume und Hörsäle bis 1.800 Personen ist möglich.

Über die am Dach aufgestellte und über die in die Südwest- und Südost-Fassade integrierte Photovoltaik-Anlage (insgesamt 2.199 m²) sowie mittels der Energierückgewinnung des Aufzugs wird direkt am bzw. im Gebäude elektrische Energie gewonnen. Sollte die erzeugte Energie den aktuellen Stromverbrauch des Gebäudes übersteigen, wird der Überschuss von benachbarten Gebäuden der TU Wien genutzt.

Aber nicht nur beim Thema Strom, sondern auch bei Heizung und Kühlung stand die Nachhaltigkeit im Zentrum. Zur Heizung des Gebäudes wird primär die Energierückgewinnung der Serverabwärme genutzt. Gekühlt wird mittels Hybridkühltürmen und einem automatischen Nachtlüftungssystem.

Plus-Plus-Gebäude

Das tollste Haus der Welt nannte Professor Thomas Bednar von der TU Wien sein Projekt. Er war der wissenschaftliche Leiter und hat mit seinem Team erforscht, wie die Idee eines Plus-Energie-Bürohochhauses verwirklicht werden kann. „Bei einem Hochhaus steht für eine große Zahl an Stockwerken nur eine verhältnismäßig kleine Dachfläche für Photovoltaik zur Verfügung“, erklärt Bednar.

Nicht immer ist dasselbe gemeint, wenn von Plus-Energie-Gebäuden geredet wird. Oft wird dabei bloß die durch Photovoltaik am Haus erzeugte Energie mit der Energie verglichen, die für Lüftung, Beleuchtung, Heizung und Kühlung benötigt wird. Das ist aber noch längst nicht der ganze Energiebedarf des Gebäudes. „Wir haben in unsere Berechnungen die gesamte Nutzung miteinbezogen, bis hin zu den Computern und der Kaffeemaschine“, sagt Thomas Bednar. „Vielleicht sollte man also von einem Plus-Plus-Gebäude sprechen.“

Im Jahresmittel kann die gesamte Energie, die in den elf Stockwerken benötigt wird, direkt am Haus gewonnen werden. Dazu ist die wärme-, sonnenschutz- und lichttechnisch optimierte Fassade mit Österreichs größter fassadenintegrierter Photovoltaikanlage versehen.

Und: Von der Dachterrasse des 11. Stockwerks aus lassen sich nicht nur die PV-Module betrachten, es bietet sich auch ein herrlicher Ausblick über ganz Wien.

Die Fakten

Der Umbau des Hochaus als Teil des Projekts TU Univercity 2015 diente der Anpassung und Erneuerung der Infrastruktur der TU Wien:
  • Standort: 1060 Wien, Getreidemarkt 9
  • Nutzung: ca. 800 Arbeitsplätze für TU-Mitarbeitende undStudierende
  • Auslastung inkl. Seminarräume und Hörsäle bis 1.800 Personen
  • Nettogrundfläche: 13.500 m²
  • 11 Stockwerke (entspricht der Nutzfläche von 135 Haushalten)
  • Bauweise: Weiterentwicklung der Passivhausbauweise für Bürohochhäuser
  • Energiegewinnung: Größte fassadenintegrierte Photovoltaik-Anlage Österreichs (Fassade + Dach: gesamt 2.199 m² – würde den Stromverbrauch von 128 Haushalten abdecken), Serverabwärmenutzung zur Gebäudeheizung und Energierückgewinnung aus der Aufzugsanlage
  • Energieverbrauch: Extreme Reduktion des Energieverbrauchs durch Evaluation von über 9.300 Einzelkomponenten durch das Wissenschaftsteam von der LED-Lampe über Bürogeräte bis hin zu Aufzug, Lüftung und Servern

INFObox: Ziel des Programms Haus der Zukunft ist es, durch Forschung und Entwicklung eine Basis für innovative und nachhaltige Konzepte und Technologien für Neubauten als auch für die nachhaltige Sanierung von Altbauten zu entwickeln.  Bisher wurden im Rahmen von 9 Ausschreibungen insgesamt rund 450 Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit einem Förderbudget von 63 Millionen Euro finanziert.