Kategorie Innovation & Technologie - 22. August 2018

Ewiger Sommer? Schwerpunkt Fluss: Wie geht es der Donauschifffahrt bei Niederwasser?

Es ist ein Rekordsommer. Ein nie enden wollender Sommer, der nicht nur wegen seiner Hitze, sondern ebenfalls durch seine langanhaltende Dürre auffällt. In einer dreiteiligen Serie versuchen wir hier dessen Folgen und den Umgang mit ihnen nachzugehen.

Manche können den Sommer ihres Lebens genießen, andere wiederum leiden unter Hitze und Trockenheit. Das gilt auch für das Wirtschaften am Fluss. Für viele war der Klimawandel bisher nur eine abstrakte Theorie, doch nun ist er durch Extremwetter und dessen Auswirkungen ganz konkret erlebbar. Extremer werdende Hitzewellen sind aktuellen Klimamodellen zufolge sehr wahrscheinlich.

Niederwasser an der Donau

Das hochsommerliche Wetter hat auf der Donau nicht nur sichtbare sondern für viele auch spürbare Auswirkungen. Dabei leidet nicht nur die Frachtschifffahrt unter dem Niedrigwasserstand.

Hitze und ausbleibende Niederschläge lassen die Donau-Wasserstände auf ein sehr niedriges Niveau sinken. Das Niederwasserphänomen hat sich in den letzten Jahren vor allem im Sommer ausgeprägt, obgleich solche Situationen auch aus kalten, schneereichen Winter bekannt sind, wenn es trotz ausreichend Niederschlag in fester Form, eine Winterniederwasserzeit entsteht.

Die Donau aktuell bei Witzelsdorf: Der niedrige Pegel und die schmale Fahrrine sind deutlich zu erkennen. © viadonau/Stefan Scheuringer

Winter- und Sommerniederwasserperioden haben generell unterschiedliche Ursachen und eine andere räumliche Verteilung. Die Ursache von Sommerniederwasser ist in der Regel eine längere niederschlagsfreie Zeit, in Kombination mit geringen Grundwasserständen und hoher Verdunstung. Niederwassersituationen hat es in der Vergangenheit auch gegeben, mit der Erhöhung der Luft- und Wassertemperatur durch den Klimawandel, verändern sich jedoch die Auswirkungen von Trockenperioden auf die Wasserbilanz.

Wie sieht es aktuell aus auf der Donau? Muss die Schiffahrt auf Österreichs größtem Strom heuer besonders leiden oder bewegen sich die Pegelstände im Rahmen eines normalen Sommers?

Wie auf Stecknadeln

Hannes Wiesbauer, Betreiber der Fähre zwischen Orth und Haslau, arbeitet seit drei Jahrzehnten an der Donau, aber so eine Trockenheit wie heuer habe er noch nicht erlebt. „Wir fahren wie auf Stecknadeln“, meint er zum akuten Niederwasser auf der Donau. Weniger Wasser unter dem Kiel ist für ihn im Sommer normal, aber dieser Jahr blieb ihm auf der Haslauer Seite lediglich eine allerletzte Möglichkeit zum Anlanden – auf einer Schotterbank.

Eine angespannte Situation, die er in all seinen Dienstjahren noch nicht durchmachen musste. Auch kann er sich nicht erinnern, dass in den letzten 30 Jahren ein Niederwasser der Donau östlich von Wien zur Einstellung der Fährverkehrs führte. Dieses Jahr war er kurz davor.

Ausgetrocknet oder normaler Sommer?

Wie sind die derzeitigen Fahrwasserverhältnisse auf der Donau?

Auch die Experten der viadonau haben uns Auskunft über die derzeitige Situation an der Donau gegeben:

Thomas Hartl, Senior Expert im Team Wasserstraßenmanagement: Nautisch anspruchsvolle und von schwankenden Wasserständen betroffene Bereiche auf dem österreichischen Abschnitt der internationalen Wasserstraße Donau stellen die beiden freien Fließstrecken zwischen Melk und Krems (Wachau) sowie zwischen Wien und Bratislava dar. In diesen Abschnitten kann es aufgrund der Dynamik des Flusses zu Anlandungen von Geschiebe auf der Flusssohle innerhalb des Fahrwassers kommen, sodass sich in diesen Bereichen, in sogenannten Seichtstellen, die nutzbaren Fahrwassertiefen verringern.

Das auf internationalen Vorgaben beruhende Erhaltungsziel der viadonau ist eine Fahrwassertiefe von 2,5 m bei Niederwasser. Niedrigwasser ist dabei definiert als jener Wasserstand, der einem Abfluss mit einer Überschreitungsdauer von 94 Prozent des Jahres entspricht – für die Berechnung wird der Abfluss der Donau (Kubikmeter pro Sekunde) während einer Periode von 30 Jahren herangezogen. Aktuell betrifft der Durchrechnungszeitraum die Jahre 1981 bis 2010, weshalb der statistische Niedrigwasserstand als „Regulierungsniederwasser 2010“ (RNW 2010) bezeichnet wird.

Seichtstelle Furt Regelsbrunn östlich von Wien.

Für jede Pegelstelle gibt es einen Wasserstand, der dem RNW 2010 (Niederwasser-Durchfluss) entspricht. Für den Pegel Wildungsmauer, der der Schifffahrt als Referenzpegel für die freie Fließstrecke unterhalb von Wien dient, entspricht RNW 2010 einem Wasserstand von 162 cm.

Aktuell (21.08.2018, 13 Uhr) beträgt der Wasserstand am Pegel Wildungsmauer 133 cm, was bedeutet, dass derzeit rund 30 cm auf RNW fehlen und somit auch entsprechend weniger Fahrwassertiefe in den Seichtstellenbereichen der Schifffahrt zur Verfügung steht. Stündliche aktualisierte Fahrwassertiefen an maßgebenden Seichtstellen der Donau werden der Schifffahrt von viadonau auf der DoRIS-Website unter http://www.doris.bmvit.gv.at/fahrwasserinformation/seichtstellen/ zur Verfügung gestellt.

Kann der Schiffsverkehr normal operieren oder ist er stellenweise eingeschränkt?

Neuralgische Punkte für die gewerbliche Schifffahrt sind generell Seichtstellen in den beiden freien Fließstrecken der österreichischen Donau. Bewegt sich die Wasserführung der Donau unterhalb Regulierungsniederwasser 2010, so kann von der Güterschifffahrt weniger als 2,5 Meter an Fahrwassertiefe in diesen Seichtstellenbereichen genutzt werden. Je geringer die Fahrwassertiefe, desto weniger Ladung kann ein Güterschiff aufnehmen. Je geringer der Auslastungsgrad eines Schiffes, desto weniger Einnahmen kann das Schifffahrtsunternehmen bei gleichbleibenden Betriebskosten lukrieren, worunter also die Wirtschaftlichkeit dieser Transporte leidet.

Müssen Güter- und Kreuzfahrtschiffe derzeit bestimmte Auflagen zum Fahren bei Niederwasser erfüllen?

Für den Niederwasserfall bestehen keine dezidierten behördlichen Auflagen für die Schifffahrt. Allerdings haben Schiffsführer ganz unabhängig vom jeweiligen Wasserstand der allgemeinen Sorgfaltspflicht bei der Befahrung der Donau nachzukommen (Vgl. §7, Abs. 1, des Schifffahrtsgesetzes).

Güterschiffe können aber aufgrund der geringen Fahrwassertiefen zumeist nicht mehr voll beladen fahren. Dieser Umstand kann wiederum Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit dieser Transporte mit sich bringen.

Ist die Situation mit anderen Jahren vergleichbar oder ist der Pegel dieses Jahr durch Dürre und Hitze besonders gefallen?

Für die derzeitige Jahreszeit (Mitte August) sind tatsächlich äußerst niedrige Pegelstände auch statistisch zu belegen, in Kumulation auf die Gesamtjahresbetrachtung jedoch nicht – so kann es an manchen Spätherbst-, bzw Wintertagen zu ähnlichen Wasserständen kommen. Dass wir Niederwasser haben, ist also keine Besonderheit, dass wir im August Niederwasser haben, hingegen schon. Der ausbleibende Niederschlag und die Hitzeperiode sind dafür unterstützende Faktoren.

Was unternimmt die viadonau in dieser Situation für einen geregelten Schiffsverkehr?

Als Wasserstraßen-Infrastrukturbetreiber ist viadonau für die Einhaltung der international akkordierten Fahrwasserparameter verantwortlich, darunter die Bereitstellung einer von der Schifffahrt nutzbaren Wassertiefe von 2,5 m bei Regulierungsniederwasser 2010 innerhalb des Fahrwassers. Die viadonau verfolgt eine proaktive Instandhaltungsstrategie, was bedeutet, dass Anlandungen von Geschiebe an kritischen Seichtstellen möglichst vor Eintreten einer Niederwassersituation per Nassbaggerungen beseitigt werden. Aktuell sind für uns zwei Baggergarnituren in der freien Fließstrecke der Donau unterhalb von Wien im Einsatz.

Wie stehen die Prognosen für den restlichen Sommer?

Eine seriöse Vorausschau auf die Entwicklung der Wasserstände lässt sich nur in einem engen Zeitrahmen treffen. Hierzu möchte ich auf die Pegelstandsinformationen auf der DoRIS-Website unter http://www.doris.bmvit.gv.at/fahrwasserinformation/pegelstaende/ verweisen, wo wir für die Pegel Kienstock und Wildungsmauer 5-Tages-Prognosen bereitstellen.

Aktuelle Infos zu den Pegelständen gibt es hier:  http://www.doris.bmvit.gv.at/fahrwasserinformation/pegelstaende/

Hitzewellen sind länger & häufiger geworden

Eine Auswertung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigt, dass die durchschnittliche Dauer einer Hitzewelle in den letzten Jahrzehnten um rund zwei Tage zugenommen hat. Außerdem kommen Hitzewellen mittlerweile um mehr als 50 Prozent öfter vor als früher. Aktuell erleben wir eine überdurchschnittliche lange Hitzewelle. Sie dauert zumindest im Osten Österreichs bis zum kommenden Wochenende.

In vielen Regionen sehr trocken

Dazu kam eine extreme Trockenheit: Im Großteil Österreichs brachte der Juli 2018 um 50 bis 75 Prozent weniger Niederschlag als ein durchschnittlicher Juli. Die trockensten Regionen lagen dabei vor allem in Teilen von Vorarlberg, Nordtirol, Salzburg und Oberösterreich. Auch der August versprach bisher kaum Besserung.

In Linz bisher trockenstes Jahr seit Messbeginn

In einigen Regionen setzt sich die seit Monaten dauernde Trockenheit fort. An der ZAMG-Wetterstation in Linz zum Beispiel gab es seit Jänner nur 265 Millimeter Niederschlag. So trocken war es hier seit Messbeginn im Jahr 1852 noch nie. Zum Vergleich: In einem durchschnittlichen Jahr fallen von Jänner bis Juli in Linz 526 Millimeter Niederschlag.

Noch prekärer ist es derzeit besonders an deutschen Flüssen und auch an Abschnitten der Donau. Ausgeprägtere Hitze- und Trockenheitsperioden in mehreren Landesteilen sorgten dafür, dass die meisten Schiffe mit deutlich weniger Ladung fahren als sonst.

Service: Teil 1 – Schwerpunkt Stadt

INFObox: viadonau ist ein Unternehmen des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT). Mehr als 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen an vier Servicecentern und zehn Schleusen entlang der 378 Flusskilometer in Österreich die Naturlandschaft und die Wasserstraße Donau.