Kategorie Innovation & Technologie - 2. August 2019

So kommen Marsproben wieder zur Erde

Sonden und Rover sind schon länger Stammgäste auf dem Mars. Sie haben auf dem Roten Planeten viele faszinierende Entdeckungen gemacht, liefern beeindruckende Bilder am laufenden Band und sogar einen Wetterbericht haben wir von dort nun ständig parat.

Gewichtige letzte Fragen können aber wohl nur durch eine direkte Analyse vor Ort oder eben anhand des Originalmaterials in hiesigen Laboren beantwortet werden.

 

Kein leichtes Unterfangen wie auch die ESA feststellt: „Dazu braucht man mindestens drei Missionen von der Erde und hinzu noch einen nie zuvor durchgeführten Raketenstart von Mars.“

Die bisherigen Missionen zum Mars haben unser Verständnis vom Planeten ganz und gar verändert. Wie sehr könnte sich dieses Bild sogar noch weiter verändern, wie die bisherigen Ergebnisse ergänzt werden? Um diese Fragen zu beantworten arbeiten die ESA und NASA an einem Konzept zur Rückführung von Marsproben auf die Erde.

Die Orbiter, Lander und Rover auf dem Mars sind mit kompakten Geräten und Instrumenten ausgestattet. Sie beschränken allerdings die wissenschaftliche Leistung, die bei den Missionen erreicht werden könnte. Eine Untersuchung von Marsproben auf der Erde bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, ihre Ressourcen teilen und Proben in den besten Zentren der Welt analysieren lassen. Diese Laboratorien könnten aufgrund ihrer Schwere und Komplexität nicht auf den Mars transportiert werden.

Ein bißchen Mars auf der Erde

Die Proben können hier auf der Erde mit den fortschrittlichsten Geräten und Techniken untersucht werden, so dass die Wissenschaftler die Ergebnisse unabhängig voneinander überprüfen können. Mit der kontinuierlichen Optimierung der Ausrüstung und stetig neuen Erkenntnissen lassen sich die Proben neu bewerten – wie auch bei den in den 1960er und 1970er Jahren auf die Erde gebrachten Mondproben.

Blick auf Isomania Patera, © ESA

Die Probenrückführung ist der nächste Schritt der robotischen Erkundung und setzt mehrfache Missionen voraus, die anspruchsvoller und fortschrittlicher sind als alle bisherigen Robotermissionen. Die Erfolge in den letzten Jahren in robotergestützten Missionen haben das Vertrauen gestärkt – allerdings sind mehrere Starts notwendig, um Proben vom Mars auf unseren Planeten zu bringen.

Die ESA arbeitet mit der NASA zusammen, um Missionskonzepte für eine internationale Mars Sample Return-Mission zwischen 2020 und 2030 zu entwickeln. Für die Landung auf dem roten Planeten, der Probensammlung und –aufbewahrung sowie Rückführung auf die Erde sind drei Missionen vorgesehen.

Im Rahmen der NASA-Mission Mars 2020 wird zunächst die Oberfläche erkundet und eine Reihe von Proben gesammelt und in Containern gelagert, die für den Transport auf die Erde zu einem späteren Zeitpunkt geborgen werden sollen. Danach sind zwei weitere Missionen notwendig.

Landen, Losziehen, Sammeln und Einlagern

Infografik zur Mars Sample Return-Mission. © ESA

Die NASA wird im Zuge der Sample Return Lander-Mission eine Plattform in der Nähe des Mars 2020-Standorts platzieren. Von hier aus wird ein kleiner ESA-Rover – der Sample Fetch Rover – losziehen, um die eingelagerten Proben zu bergen, in einen fußballgroßen Behälter zu füllen und zu dessen Landeeinheit zu transportieren. Diese dient als Startrampe für das „Mars Ascent Vehicle (MAV) “, eine Rakete, die den Container in die Marsumlaufbahn befördert.

Topografische Ansicht: Ismenia Patera. © ESA

Der Earth Return Orbiter der ESA wird die nächste Mission sein, die darauf ausgerichtet ist, den basketballgroßen Probenbehälter im Marsorbit zu fangen. Die Proben werden in einem Bioabdichtungssystem versiegelt, um eine Kontamination der Erde mit nicht sterilisiertem Material zu verhindern, bevor sie in eine Erd-Eintrittskapsel eingebracht werden.

Die Raumsonde wird anschließend wieder auf die Erde zurückkehren, wo die Eintrittskapsel freigegeben wird, damit die Proben in einer speziellen Handhabungseinrichtung landen können.

Die ESA und die NASA untersuchen zurzeit ihre Missions-Konzepte, wobei die ESA den Sample Fetch Rover und den Earth Return Orbiter untersucht. Im November 2019 werden sie dem Rat der ESA auf Ministerebene vorgestellt, um deren Zustimmung für die Missionen einzuholen.

Mars schon länger lebensfreundlich?

Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung zeigte jüngst im Fachjournal Nature Geoscience, dass der Rote Planet neuen Erkenntnissen zufolge länger als bekannt lebensfreundlichere Bedingungen geboten haben könnte. Demzufolge soll das Bombardement des Mars mit großen Meteoriten offenbar vor rund 4,5 Milliarden Jahren geendet haben. Das wären rund 700 Millionen Jahre früher als vermutet.

Für die Planetenbildung sind massive Einschläge großer Körper aus dem All unumgänglich, damit es aber auf einem Himmelskörper irgendwann einigermaßen lebensfreundlich werden kann, muss das kosmische Bombardement abnehmen. In bisherigen Annahmen gingen Forscher davon aus, dass es sowohl auf der Erde als auch auf dem Mars vor rund 3,8 Milliarden Jahren etwas ruhiger wurde und die späte Phase der häufigen Einschläge (Impakte) ausklang.

Ein internationales Forschungsteam um Desmond Moser von der University of Western Ontario (Kanada) nahm nun im Rahmen der neuen Studie, an der mit Julia Walter-Roszjar vom Naturhistorischen Museum (NHM) Wien auch eine Wissenschafterin aus Österreich beteiligt war, Fragmente von Meteoriten, die vom Roten Planeten stammen, genau unter die Lupe.

Diese „ganz besondere Gruppe von Marsmeteoriten“ schlug im Jahr 2012 in Marokko auf. Die Gesteinsbrocken entpuppten sich in ersten Analysen als die bisher einzigen, die höchstwahrscheinlich von der Regolit-Oberfläche der südlichen Halbkugel des Mars stammen, wie Walter-Roszjar im Gespräch mit der APA erklärte. Alle anderen Marsmeteoriten – von bisher insgesamt rund 69.000 dokumentierten auf die Erde gefallenen Himmelskörper stammen nur rund 235 vom Mars – sind magmatischen Ursprungs.

Meteoriten-Bombardements auf allen Planeten

Die Wissenschafter untersuchten die einzigartigen Funde in mehreren Laboratorien auf ihre Zusammensetzung. Am NHM machte sich Walter-Roszjar in der Leihgabe des Naturkundemuseums Bern an die Analyse kleiner Mineral-Körner – nämlich rund 100 Zirkone und ungefähr 60 Baddeleyiten. „Die sind besonders robust und lassen die Rekonstruktion der Druck- und Temperaturbedingungen zur Zeit ihrer Bildung am besten zu“, sagte die Wissenschafterin.

Dabei zeigte sich, „dass die Körner erstaunlich ursprünglich geblieben sind“. Anhand ihrer Mikrostruktur und der Umgebung im Gestein sei davon auszugehen, dass sie seit rund 4,5 Milliarden Jahren wenig Veränderung erfuhren. „Das ist sehr besonders, da so alte Zirkone, die von der Erde oder dem Mond bekannt sind, alle hoch geschockt sind“, also durch Impakte noch verändert wurden, so Walter-Roszjar.

Dem Befund nach, scheint also der Mars von jenem späten Meteorit-Bombardement, das Erde und Mond zwischen rund vier und dreieinhalb Milliarden Jahren stark getroffen hat, weitgehend verschont gewesen zu sein. Das könnte wiederum bedeuten, dass das Fenster für die Entwicklung von Mikroorganismen am Mars deutlich früher aufging als vermutet: Druck und Temperatur könnten demnach bereits vor rund 4,2 Milliarden Jahren, als der Mars warm und feucht war, prinzipiell lebensfreundliche Bedingungen erlaubt haben, schreiben die Forscher in der Arbeit.

„Das heißt, das Leben auf dem Mars hätte eventuell schon früher gezündet werden können und dann in etwa 700 Millionen Jahre ausharren können, bis dann der Mars lebensfeindlich geworden ist“, sagte Walter-Roszjar. Die Erde wiederum bot solche Bedingungen aufgrund des Bombardements erst rund eine halbe Milliarden Jahre später, wurde dann aber – gegenläufig zum Roten Planeten – immer lebensfreundlicher.

Das mögliche Ausbleiben verheerender Impakte am Mars könnte u.a. darin begründet sein, dass er damals womöglich noch weiter vom stark betroffenen inneren Sonnensystem entfernt um die Sonne kreiste. Derart große Interpretationen aufgrund nur so weniger Proben vorzunehmen, sei jedoch schwierig – für weitere Untersuchungen fehle das benötigte Material, das zwar vom Himmel fällt, aber eben nur unglaublich selten, so Walter-Roszjar.

apa/red

INFObox: Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) investiert als Weltraumministerium jährlich rund 70 Millionen Euro in den Weltraumsektor. Unter Einrechnung der EU-Flagschiffprogramme Copernicus, Galileo/EGNOS und H2020 liegt Österreichs Beitrag bei etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Österreich finanziert Programme der ESA mit und ermöglicht österreichischen Betrieben so, sich für Aufträge im Rahmen der ESA-Missionen zu bewerben.