Kategorie Innovation & Technologie - 15. Januar 2017

Sonnenenergie wird bleifrei

Villach – Ein Fotovoltaik-Modul besteht in der Regel aus einer ganzen Reihe einzelner Solarzellen, die verbunden und in Serie geschaltet werden. Im Zuge der industriellen Fertigung werden die Zellen automatisch verlötet. Während die Elektronikindustrie bereits seit Jahren auf bleihaltige Lote verzichtet, ist das Blei bei der Herstellung von Solarmodulen allerdings noch sehr verbreitet.

„Die Fotovoltaik-Industrie hat eine Sondergenehmigung für ein bleihaltiges Löten“, sagt Wolfgang Mühleisen, der im Bereich Smart Systems im Forschungsinstitut CTR Carinthian Tech Research AG tätig ist. „Bleifreies Löten mit Zinn oder Silber ist nämlich nicht nur teurer, sondern benötigt auch höhere Temperaturen, die bei den Solarzellen zu Verspannungen, Bruch und mehr Ausschuss führen können“, skizziert Mühleisen das Problem.

Der 1981 in Mutlangen in Deutschland geborene Fotovoltaik-Experte hat im Rahmen der Forschungsprojekte „Infinity“ und „InnoModu“, finanziell unterstützt vom Klimafonds und mit Mitteln des Technologieministeriums von der Förderagentur FFG, nun mit Kollegen eine neue Methode entwickelt, mit der auf bleihaltiges Lot vollkommen verzichtet werden kann: Die Bänder, die die Solarzellen verbinden, werden dabei nicht mehr gelötet, sondern mit einem leitfähigen Kleber verbunden. Vor kurzem erreichte Mühleisen mit seiner Entwicklung bei einem Posterbewerb bei der 14. Österreichischen Fotovoltaik-Tagung in Villach den Publikumspreis.

Bei dem Kleber, den Mühleisen für die Anwendung optimiert hat, sorgen Silberpartikel für die Leitfähigkeit. In Kombination mit speziell strukturierten Verbindungsbändern, die das darauf einfallende Licht in bestimmten Winkeln reflektieren und auf diese Art den Solarzellen zuführen, verbessert sich zudem die Energieausbeute. „Der Ertrag erhöht sich durch diese Maßnahme um 1,7 Prozent“, resümiert der Forscher. Noch wurde keine genaue Wirtschaftlichkeitsrechnung erstellt, Mühleisen schätzt jedoch, dass durch Leistungszuwachs und reduzierten Silbergehalt im Kleber die neue Herstellungsmethode etwa gleichauf mit der alten, bleigelöteten liegen wird.

Im Herstellungsprozess benötigen die geklebten Module nur eine geringfügige Adaption der bestehenden Fertigungsanlage mit einem zusätzlichen Klebeautomaten, so der Entwickler. Im Forschungsprojekt wurde die vollautomatische Fertigung bereits vorgezeigt: Die Stadt Villach hat eine Anlage mit 20 Modulen, die mit Klebetechnologie hergestellt wurden, auf einem Feuerwehrgebäude errichten lassen. „Hier wurden insgesamt etwa 400 Gramm Blei vermieden“, erklärt Mühleisen.

Der Fotovoltaik-Experte, der Regenerative Energietechnik an der Hochschule Nordhausen und Electrical Energy and Mobility Systems an der FH Kärnten studierte, ist seit 2010 am CTR in Villach tätig. Während er beruflich oft unterwegs ist, um bestehende Fotovoltaik-Anlagen auf ihre Leistungsfähigkeit zu überprüfen, bereist er privat die unterschiedlichen internationalen Esskulturen. Da biete der Arbeitsplatz im südlichsten Bundesland Österreichs nicht nur den Vorteil der Nähe zu Italien, sondern auch gute Kärntner Kasnudeln, freut sich der Kulinarik-Liebhaber. (Alois Pumhösel, 15.1.2017)