Kategorie Innovation & Technologie - 13. September 2018

Vulkanausbrüche & ähnliche Katastrophen: Wie können Flüge sicherer gemacht werden?

Als der isländische Vulkan Eyjafjallajökull im Jahr 2010 ausbrach, führte die Vulkanaschewolke zum weitgehenden Erliegen des europäischen Flugverkehrs. Wie sich Asche oder radioaktive Stoffe nach einem AKW-Unfall in der Atmosphäre ausbreiten testen Forscher aus Österreich und Deutschland derzeit in einigen Feldversuchen in der Atmosphäre.

Der Eyjafjallajökull bereitete der Luftfahrt 2010 enorme Probleme. © apa

Simulation mit Tracern

Der Ausbruch des Vulkans hatte über Island hinaus großräumige Auswirkungen. Auf Grund der ausgetretenen Vulkanasche wurde im April 2010 der Flugverkehr in weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas eingestellt, was eine bis dahin beispiellose Beeinträchtigung des Luftverkehrs in Europa infolge eines Naturereignisses darstellte.

Im Rahmen des Forschungsprojekts EUNADICS-AV wollen die Austro Control, die ZAMG, das Bundesheer, die Universität Salzburg sowie das Wiener Unternehmen Flightkeys überprüfen, ob bisher verwendete Ausbreitungsmodelle solcher Ausstösse mit der Realität übereinstimmen. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entlassen die Projektpartner dieser Tage ungefährliche Tracer-Stoffe zur Markierung in die Luft und simulieren damit einen echten Notfall.

Wie das in geringen Mengen in die Atmosphäre ausgebrachte, nicht radioaktive Gas mit dem Wind verfrachtet wird messen die Experten mit speziellen Messgeräten, die in drei Flugzeuge eingebaut wurden. Diese fliegen jene Regionen ab, in denen sich die Markierungs-Stoffe ausbreiten. Mit diesem Ansatz lassen sich trotz geringer Mengen, Rückschlüsse auf die Verteilung ziehen.

Der Schwerpunkt des Forschungsprojekts liegt auf Umweltszenarien, die zwar als relativ selten gelten, aber bei Eintreten extrem hohe Auswirkungen auf die Luftfahrt haben können. Wie eben bei Vulkanausbrüchen, nuklearen Unfällen, aber auch durch große Waldbrände sowie Sand- und Staubstürmen – Notfälle und Szenarien, in denen eine große Menge Aerosole und Spurengase in die Atmosphäre gelangen.

Ausbreitung unter der Lupe

„Auch bei realen Notfällen ermitteln Messflugzeuge die Verteilung von Substanzen in der Atmosphäre, um vor Gebieten mit erhöhten Konzentrationswerten zu warnen. Die Daten aus dem Experiment Anfang September dienen außerdem dazu, die Qualität von Ausbreitungsrechnungen mit Computermodellen zu prüfen und um Programme zum optimalen Management des Luftverkehrs zu testen“, so Projektleiter Marcus Hirtl von der ZAMG.

Die Daten aus diesen Experimenten werden als Grundlage für europaweite Übungen im März kommenden Jahres dienen. Die durchgespielten Szenarien sind an einen Vulkanausbruch und einen Unfall in einem Kernkraftkraftwerk angelehnt. Die Experten des aus 21 Organisationen aus zwölf Ländern bestehenden, von der EU unterstützten Forschungskonsortiums werden dann die sinnvollsten Maßnahmen berechnen und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Luftverkehr simulieren. Das soll dazu beitragen, dass in derartigen Notsituationen ein teilweiser Flugbetrieb sicher aufrechterhalten werden kann.

Globale Windkarte durch Aeolus

Künftig könnte noch eine weitere interessante Datenquelle zur Verfügung stehen: Der nach dem griechischen Gott des Windes benannte Satellit Aeolus, den die europäische Weltraumagentur Esa vor wenigen Wochen in den Orbit befördert hat, legt Windprofile des gesamten Globus an. Der Satellit arbeitet nach demselben Prinzip wie die Lidar-Bodenstationen – es ist aber das erste System dieser Art im All.

Das Instrument an Bord – es heißt Aladin – schickt kräftige Impulse ultravioletten Lichts in die Atmosphäre. Ein 55-Kilo-Teleskop mit eineinhalb Metern Durchmesser ist in einem speziellen Winkel ausgerichtet, um trotz der Flugbewegung das gestreute Licht wieder auffangen zu können. Aeolus, dessen erste Aufnahmen vor wenigen Tagen empfangen wurden, wird die Wetter- und Klimamodelle verfeinern – und vielleicht auch bei der Vorhersage von Gefahrenstoffen in der Atmosphäre helfen.

Wien (red/APA)

Service: Zur Projekthomepage http://www.eunadics.eu

INFObox: EUNADICS-AV wird durch Horizon 2020, das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation der EU, gefördert. Mit diesem Programm stehen bis 2020 auf EU-Ebene ungefähr 75 Milliarden Euro für Forschung und Innovation zur Verfügung. Die Finanzierungs- und Förderformen reichen von der Grundlagenforschung bis zur innovativen Produktentwicklung und Markteinführung. FTI-Institutionen, Universitäten, Unternehmen und Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sind zentrale Zielgruppen von Horizon 2020.