Kategorie Innovation & Technologie - 11. Juli 2016

Was man am Mars gegen Zahnschmerzen tut


APA/APA (AFP/ESA)/HANDOUT

Zahnweh ist auf der Erde schlimm genug, am Mars ohne Zahnarzt im Umkreis von Millionen Kilometern wäre es umso ärger. Mithilfe von Zahntechnikern auf der Erde und 3D-Druck könnte zahnmaroden Astronauten geholfen werden, erklärte Sandra Häuplik-Meusburger von der Technischen Universität (TU) Wien der APA anlässlich einer Tagung in Wien, bei der sich Experten zum Überleben im All austauschen.

Gemeinsam mit einem Zahntechniker und Zahnarzt hat Häuplik-Meusburger, die am Institut für Architektur und Design der TU Wien forscht, eine Methode ausgefeilt und in einer Marssimulation getestet, wie Zahnprobleme im Weltall behoben werden können. „Wenn einem Astronaut ein Stück Zahn ausbricht oder er eine Krone verliert und wegen Schmerzen nicht mehr weiterarbeiten kann, scannt er den Schaden zunächst mit einem Handscanner und schickt das Bild an die Erde“, sagte sie. Dort wird eine Ferndiagnose gestellt und ein Zahntechniker fertigt virtuell einen passenden Zahnersatz an und zusätzlich eine Schiene, um diesen exakt einzusetzen.

Zahnersatz aus dem 3D-Drucker

Die Daten werden zu dem Marsbewohnern geschickt, sie füttern damit einen 3D-Drucker, der mithilfe lichthärtenden Kunststoffs bald darauf einen individuellen und professionell designten Zahnersatz ausspuckt. Mit der Anpassschiene wird er vom Astronauten selbst oder einem Kollegen eingesetzt, und das Gebrechen ist Vergangenheit.

In einem anderen Projekt begleitet die Weltraumdesignerin und -Architektin die Insassen eines Mars-Wohnexperiments namens Hi-Seas auf Hawaii. Drei Männer und drei Frauen sind dort für ein ganzes Jahr in einer autarken Kuppel mit elf Metern Durchmesser eingeschlossen. Häuplik-Meusburger untersucht, wie gut sie mit den Bedingungen zurechtkommen, wie man die Architektur des Habitats verbessern könnte und was ihre Probleme in solch eingeschränkten Bedingungen sind. Der Kontakt funktioniert per elektronischer Post, direktes Chatten oder Funken wäre nur eingeschränkt möglich, denn die Zeitverzögerung der Datenübertragung von etwa 20 Minuten zum Mars wird ebenso zum Habitat auf der Insel simuliert.

Die Probleme in solch einem Habitat sind ähnlich wie in einer Wohnung auf der Erde, nur dass man ihnen dort nicht einfach ausweichen kann. „Wenn etwa zwischenmenschlich ‚dicke Luft‘ herrscht, kann man diese nicht so schnell auslüften“, sagte sie. Für einige Zeit eigene Wege gehen ist auf so eingeschränktem Raum ebenso unmöglich, wie ein kleiner Trip nach draußen, um den Kopf freizumachen.

Architektonische Herausforderungen

Wichtig seien private Rückzugsgebiete, aber auch Bereiche, wo alle zusammensitzen, diskutieren, feiern und miteinander dinieren können. Die perfekte Planung sollte außerdem genügend Flexibilität zulassen, so die Weltraumarchitektin. Genau so wie man auf der Erde gerne einmal einen Kasten umstellt, wollen auch Astronauten ab und zu etwas verändern und an ihre Bedürfnisse anpassen. Ein großes Thema sei auch die Planung von Energie und Ressourcen, da der Kreislauf möglichst lange autark funktionieren soll. „Man wird am Mars nicht einfach den Wasserhahn aufdrehen und erwarten können, dass tatsächlich etwas rauskommt“, erklärt sie. Hier ist man auf lebenserhaltende Systeme angewiesen, die etwa aus Urin pures Wasser gewinnen.

Die 46. Internationale Konferenz zu lebenserhaltenden Systemen ICES 2016 findet von 10. bis 14. Juli in Wien statt. Experten referieren und diskutieren dort etwa über die Lebensbedingungen für Menschen in extremen Umgebungen, wie Fahrzeuge im Weltraum funktionieren und über Lebenserhaltungssysteme. Am 15. Juli gibt es auf der Technischen Universität Wien ein Weltraumarchitektursymposium für Laien und Experten mit Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen.

Service: Internationale Konferenz zu lebenserhaltenden Systemen (ICES): https://www.ices.space/