Kategorie Innovation & Technologie - 15. Januar 2016

Wenn die Post per Drohne kommt

Klagenfurt – Es ist nun genau zwei Jahre her, dass der Online-Händler Amazon ankündigte, seine Pakete mittels Drohnen an den Kunden bringen zu wollen. In vier bis fünf Jahren, so die Schätzung des Unternehmens, könnte es so weit sein, dass besonders eilige Bestellungen innerhalb von 30 Minuten geliefert werden. Vergangenen Sommer ließ Amazon mit der Forderung nach einem eigenen Luftraum für seine Lieferdrohnen aufhorchen.

„Das wird nicht die erste Anwendung für Transportdrohnen sein“, sagt Pasquale Grippa. „Die Technologie gibt es schon, aber die Probleme der Umsetzung eines solchen Liefersystems sind nicht technischer Natur.“ Eher seien rechtliche und versicherungstechnische Fragen zu klären, etwa dass die Drohnen durch öffentlichen Raum fliegen müssten. Irgendwann könne es aber so weit sein.

Dem stimmt auch Christian Bettstetter zu, der eine sinnvolle Anwendung eines solchen Drohnenliefersystems eher im Bereich des Katastrophenmanagements sieht. Gegenden mit sehr schlechter Infrastruktur oder unwegsamem Gelände, wo kein Auto zufahren kann, oder auch durch Naturkatastrophen verwüstete Gelände, könnten mittels der Flugroboter mit Medizin und Versorgungsgütern beliefert werden.

Die beiden Ingenieurswissenschafter des Instituts für Vernetzte und Eingebettete Systeme an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt erforschten in dem Projekt „Self-Organizing Decision-Making Systems with Information Errors“ (Sosie), wie ein System unbemannter Flugobjekte designt sein müsste, um verschiedene Punkte in einem Terrain effizient beliefern zu können.

In Simulationen erprobt

„Wir haben uns der Problematik unter zwei Aspekten genähert: der Größe des Systems und dem Algorithmus für die Entscheidungsfindung“, erklärt Grippa, der über diese Materie promoviert. Der Anspruch war, ein skalierbares Modell zu entwerfen, das für einige wenige Drohnen genauso wie für einen ganzen Schwarm anwendbar ist. Ein Unternehmen, das in diesem Bereich investieren wolle, könne so eruieren, wie vieler Drohnen es bräuchte, um seinen Markt zu bedienen.

„Wir haben erst überlegt, welche Methoden man anwenden kann, und haben diese dann in Simulationen erprobt“, erklärt Bettstetter, der Leiter des Instituts für Vernetzte und Eingebettete Systeme an der Universität Klagenfurt, das Sosie in Kooperation mit dem Forschungsunternehmen Lakeside Labs durchführte. „Mit Simulation kann man viel mehr machen als mit Rechnungen, weil es so viele Parameter gibt“, sagt Bettstetter.

Denn beispielsweise die Frage, nach welchen Kriterien das Drohnennetzwerk entscheiden soll, in welcher Reihenfolge die zu beliefernden Punkte angeflogen werden sollen, ist eine Art des mathematischen „Problems des Handlungsreisenden“, das sich bekanntlich sehr schnell in Komplexität steigert. Es handelt sich dabei um ein Optimierungsproblem der theoretischen Informatik, bei dem es darum geht, eine Reisestrecke für den Besuch mehrerer Orte so zu wählen, dass sie insgesamt möglichst kurz ist.

Für Sosie waren einerseits mathematische Problemstellungen relevant, andererseits widmete sich das interdisziplinäre Projekt zwischen Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften auch praktischen Anwendungsproblemen, etwa der Frage, wie schnell eine Drohne mit wie viel Last fliegen könne. „Mir war es sehr wichtig, an einem Projekt zu forschen, das tatsächlich Rückwirkung auf die Gesellschaft haben kann“, betont Grippa die Interdisziplinarität von Sosie.

Verschiedene Anwendungen

„Wir hatten bestimmte mögliche Verwendungen für diese Technologie vor Augen. Wir haben also das Projekt bereits mit dem Willen begonnen, etwas zu entwickeln, das sinnvoll angewandt werden kann“, sagt Grippa, der im Rahmen seines Doktorats weiter an dieser Materie forscht, auch wenn das Projekt nun bereits abgeschlossen ist.

Die Forschungsergebnisse sollen in möglichen Nachfolgeprojekten weiterentwickelt werden, könnten aber auch in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen in die Praxis umgesetzt werden. Das Forschungsteam sei gerade dabei, zu eruieren, inwieweit gewisse Firmen, darunter vor allem junge Start-ups, daran interessiert sind. (Julia Grillmayr, 15.1.2016)