Kategorie Innovation & Technologie - 21. Juni 2015

Wie lässt sich messen, was beim Autofahren ablenkt?

Rund 30 Prozent der Unfälle passieren, weil Lenker immer mehr nebenbei machen. 2014 starben 60 Personen an den Folgen eines Unfalls, der durch Ablenkung verursacht wurde. Wohin schauen wir, wenn nicht auf die Straße? Wie lässt sich das wissenschaftlich feststellen? Und: Wie kann die Technik hier gegensteuern?

In einer reizüberfluteten Welt fällt es den Menschen immer schwerer, sich auf nur eine Sache zu konzentrieren. Längst ist es im Straßenverkehr weniger der Beifahrer, der ablenkt. Ein Ziel im Navigationssystem suchen, Musik auswählen oder Hantieren mit dem Handy: „Vor allem das Unterhaltungs- und Informationssystem kostet Aufmerksamkeit“, sagt Manfred Tscheligi vom Austrian Institute of Technology (AIT). Er ortet eine „magische Grenze“: Schon zwei Sekunden wegschauen reichen aus, um sich und andere zu gefährden.

Die Wissenschaftler messen das mit Blickbewegungsanalysen auf Teststrecken. Im Auto wird ein Eye-Tracking-System installiert, das den Blick des Fahrers verfolgt. Wo sieht er hin und wie lang? Nur weil er die Augen auf der Straße hat, muss er aber nicht auch mit seinen Gedanken dort sein. Kognitive Ablenkung wollen die Forscher daher künftig mit Elektroenzephalografie, kurz EEG, messen, das die Gehirnströme aufzeichnet. Welche Situationen stressen, erfahren sie bereits aus Messungen des Hautwiderstands während der Fahrt.

Wie kann die Technik den Fahrer schützen? Einfache Systeme mit möglichst wenig Anwendungsschritten reduzieren die Unfallgefahr. Technische Systeme könnten künftig aber auch aktiv werden, wenn sie eine Gefahr orten: etwa warnen, wenn der Fahrer auf einer kurvenreichen Straße ständig telefoniert oder das Telefon auflegen. Und was kann der Einzelne tun? „Sich der Gefahr bewusst sein“, rät Tscheligi. Die meisten Testfahrer seien völlig überrascht, wenn sie erfahren, wie oft und wie lang sie weggeschaut haben.

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