Kategorie Informationen & Tipps - 15. Mai 2020

vielfaltleben: Woche der Artenvielfalt gestartet

Neben der Coronakrise stehen nach wie vor weitere globale Herausforderungen vor uns. Was unseren Planeten angeht, stechen dabei zum einen die Klimakrise und zum anderen der dramatische Verlust der Artenvielfalt hervor. Die Bewältigung dieser beiden Krisen bedarf vieler Schritte, zur Eindämmung der Klimakrise gehören der Ausbau Erneuerbarer Energien, wie Photovoltaik-Anlagen, Wasserkraftwerke, Biomasse oder Windräder dazu. Zudem muss alles daran gesetzt werden, den dramatischen Artenverlust zu stoppen und auch diese ökologische Katastrophe ins Gedächtnis der Menschen zu rufen.

© apa

Das Ausmaß dieser ist in der Tat erschreckend: Weltweit droht eine Million der acht Millionen Tier- und Pflanzenarten zu verschwinden, wie ein Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES aus dem vergangenen Jahr prognostiziert. Österreich, als eines der artenreichsten Länder Mitteleuropas, ist davon besonders betroffen.

Biodiversität unter Druck

Fast 3.000 Pflanzenarten und 54.000 Tierarten, davon allein 40.000 Insekten, bevölkern das Land. Doch diese Biodiversität schwindet dramatisch: „In 20 Jahren sind beispielsweise 42 Prozent der Brutvögel in der heimischen Kulturlandschaft verloren gegangen, jede dritte Art steht auf der Roten Liste“, berichtet Christian Sturmbauer, Zoologe an der Universität Graz und Mitglied der Kommission für Interdisziplinäre Ökologische Studien der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Die Blauracke ist in Österreich so gut wie ausgestorben. © APA/Michael Tiefenbach

Auch bei Insekten ist diese dramatische Entwicklung evident. In den vergangenen Jahrzehnten haben sowohl die Artenvielfalt der Insekten als auch deren Anzahl generell stark abgenommen. Die Erhebungen zahlreicher Umweltbehörden belegen diese negative Entwicklung, auch auf den Roten Listen der gefährdeten Tierarten kommen Insekten immer häufiger vor.

INFObox: Die Bundesregierung plant die Schaffung eines Biodiversitätsfonds für die Umsetzung der im Regierungsprogramm vorgesehenen Biodiversitätsstrategie. Dieser Fonds soll jene Schutzmaßnahmen zugunsten der Artenvielfalt finanzieren, die bislang nicht von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) abgedeckt werden.

Schuld daran sind keine Vulkanausbrüche oder Asteroideneinschläge, sondern schlicht und einfach der Mensch: „Das Insektensterben ist in unseren Breiten in erster Linie synonym mit dem ‚Sterben‘ historisch gewachsener Lebensräume in der Kulturlandschaft, vor allem infolge intensiver Landwirtschaft, Flächenfraß und chemischer Immissionen, außerdem schlägt im Hochgebirge die globale Erwärmung zu“, erklärt Andreas Segerer, Biodiversitätsforscher an der Zoologischen Staatssammlung München.

Wie also weiter mit einem Thema, das längst die Nische verlassen hat und ganz unmittelbar dem Schutz unserer Lebensgrundlagen dient? Welche Initiativen für mehr Artenvielfalt gibt es und wie kann man dieses wichtige Thema noch mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken?

Artenvielfalt vor der Haustür entdecken

Gemeinsam mit dem Naturschutzbund hat das Klimaschutzministerium (BMK) bereits 2009 die Kampagne vielfaltleben initiiert, eine bisher einmalige Initiative zum Schutz der Biologischen Vielfalt in Österreich. Der Naturschutzbund nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, weitere Partner sind unter anderem der WWF und Birdlife. Ziel der Initiative ist es, dem Verlust der Artenvielfalt in Österreich entgegenzuwirken und die Bevölkerung für dieses Thema zu sensibilisieren.

Schutzprogramme für Feldhamster, Sonnentau & Co, ein höchst aktives Gemeindenetz, 366 Tipps für mehr Artenvielfalt und eine Allianz aus hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur und viele Partner, wie z.B. die Österreichischen Nationalparke sind Teil davon. Dazu gehört auch die Woche der Artenvielfalt die heuer vom 15. bis zum 24. Mai in ganz Österreich zu erleben ist.

Jedes Jahr finden rund um den 22. Mai, dem Internationalen Tag der Biodiversität, eine Vielzahl von Veranstaltungen in ganz Österreich zum Thema statt. Aufgrund der aktuellen Situation kann heuer manch gemeinsames Naturerlebnis nicht wie geplant erfolgen und ein reduziertes Programm wird vor allem die Veranstaltungen in der Natur begleiten. Dennoch werden in ganz Österreich über 70 Naturveranstaltungen angeboten. Darüber hinaus erweitert der Naturschutzbund das Angebot in der Woche der Artenvielfalt um Online-Exkursionen in Form von Kurzfilmen.

Sechs artengruppen-spezifische Kurzfilme entführen dabei in die heimische Tierwelt. Ob Vögel, Insekten oder Säuger, für jedes Interesse ist etwas dabei. Damit können auch Menschen, die jetzt nicht in die Natur hinaus können oder wollen, die große Vielfalt unserer Natur erleben.

SERVICE: Das vollständige Veranstaltungsprogramm und Detailinfos gibt es tagesaktuell hier.

1,5 Mio Euro Förderung für Nationalparks

Anlässlich eines Besuchs samt Medientermin im Nationalpark Donau-Auen hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler angekündigt, dass ihr Ressort den sechs österreichischen Nationalparks 1,5 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellen wird. Mit dem Geld sollen finanzielle Folgen der Coronapandemie abgefangen und Nationalparkprojekte im Sinne der Artenvielfalt gefördert werden.

Das Auftreten von des Coronavirus in Österreich nahm den Parks Einnahmequellen wie Besuche, Führungen und Schulprogramme, die für die Auftragserfüllung von Naturschutz, Natur- und Umweltbildung und Forschung eingesetzt werden. Gewessler betonte im Beisein von drei der sechs Nationalpark-Direktoren und -Direktorinnen, dass die Biodiversitätskrise eine der größten Bedrohungen des Planeten und für die Menschheit darstelle, mit der Unterstützung setze sich das Ministerium auch direkt für Natur- und Artenschutz ein: „Gemeinsam mit den Nationalparks ist mir der Kampf gegen das Artensterben ein großes Anliegen“, so Gewessler vor dem Tag der Biodiversität, der morgen, Freitag, begangen wird und an das UN-Artenschutzabkommen erinnert.

Nachdem die Lockerungsverordnungen in Kraft getreten sind, haben die östlich und zentral gelegenen Besucherzentren der Nationalparks seit dem vergangenen Wochenende zum Teil wieder eingeschränkt geöffnet – Führungen und Aufsichtsdienste finden statt. Unter Federführung des Nationalparks Donau-Auen wurde gemeinsam mit der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik und dem Umweltdachverband ein Konzept für kontaktlose Führungen in Kleingruppen erarbeitet. Der Hochgebirgsnationalpark Hohe Tauern startet witterungsbedingt Ende Mai mit der Öffnung von ersten Besucherzentren und ersten Rangertouren. Gerade wegen der Schwierigkeiten aufgrund der Coronakrise wolle das BMK helfen, diese Angebote gut zu vermitteln, mit dem Österreich in seiner Artenvielfalt neu entdeckt werden kann.

Neben dem Nationalpark Donau-Auen in Wien und Niederösterreich ergänzen das Gesäuse in der Steiermark, die Kalkalpen in Oberösterreich, das Thayatal in Niederösterreich, Hohe Tauern in Salzburg, Tirol und Kärnten sowie der Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel im Burgenland die sechs großflächigen Schutzgebiete. 18 der 21 heimischen Amphibienarten (86 Prozent), Zwölf von 14 Reptilienarten (86 Prozent), 95 von 104 Säugetierarten (91 Prozent) und 2.275 der heimischen Gefäßpflanzen (72 Prozent) sind in den Nationalparks zu finden. Auch Überraschendes findet sich in den geschützten Arealen, wie Pyramidenmützenmoos und Spitzmützenmoos im Thayatal, beide Arten galten als ausgestorben.