Kategorie Innovation & Technologie - 6. September 2018

Zeitumstellung: Weiter Weg bis zur ewigen Sommerzeit?

Für die Mehrheit der Europäer und Europäerinnen ist klar: Die Zeitumstellung auf Sommerzeit und zurück soll weg. Auch die EU-Kommission hat bereits zugesichert, die zweimal jährlich stattfindende Zeitumstellung abzuschaffen. Die Kommission werde einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegen, kündigte die zuständige Verkehrskommissarin Violeta Bulc an.

Bulc berief sich auf eine öffentliche Befragung: „Das Ergebnis ist sehr klar: 84 Prozent wollen die Uhren nicht mehr umstellen.“ Über den Gesetzesvorschlag müssen die EU-Staaten und das Europaparlament entscheiden. Einen Termin für den Gesetzesvorschlag nannte Bulc noch nicht. Sie sagte jedoch, wenn Europaparlament und EU-Staaten dem zustimmten, könnte die Entscheidung schon im kommenden Jahr fallen – und die Zeitumstellung 2020 oder 2021 passe sein. „Die Menschen wollen das, wir machen das“, hatte zuvor auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betont.

Österreich bei Beteiligung 2.

Von den 4,6 Millionen Teilnehmern an der Befragung, was ganzen 0,89 Prozent der Bevölkerung in den 28 Ländern entspricht, stammten gut drei Millionen allein aus Deutschland und die Umfrage wurde explizit nicht als Referendum bezeichnet. Österreich liegt gemessen an der Bevölkerungsgröße, was die Beteiligung betrifft, an zweiter Stelle hinter Deutschland, 77 Prozent sprachen sich für ein Ende der Umstellung aus.

Allerdings erwartet die EU-Kommission noch kein Aus der Zeitumstellung im Frühjahr 2019. Auf die Frage, ob durch sich durch die Abschaffung die britische EU-Mitgliedschaft um eine Stunde verlängert oder verkürzt, sagte ein EU-Kommissionssprecher am Freitag: „Ich nehme an, dass das länger dauert als bis März 2019.“

Der EU-Kommissionssprecher kündigte an, die EU-Kommission werde ihren Vorschlag „zur gegebenen Zeit“ vorlegen. Er wolle jetzt nicht spekulieren, was der Vorschlag im Detail vorsehe. Die Zeit festzulegen, sei eine souveräne Entscheidung der EU-Staaten. Bereits heute gebe es drei verschiedene Zeitzonen in der EU.

Die in Österreich zuständigen Bundesminister Margarete Schramböck und Norbert Hofer begrüßen das Ergebnis der EU-Umfrage: „Ein so eindeutiges Ergebnis darf nicht ignoriert werden. Es ist ein Auftrag zur Überarbeitung der bestehenden Regelung.“

Reaktionen in Österreich

Infrastrukturminister Norbert Hofer, in dessen Ratsformation das Thema auf europäischer Ebene behandelt wird, zum Ergebnis und weiteren Vorgehen: „Da die Umfrage der Europäischen Kommission nun eindeutig ergeben hat, dass 80 Prozent der Menschen eine Abschaffung befürworten, bin ich gerne bereit, rasch zu handeln. Ich werde mich diesbezüglich mit Kommissarin Bulc in Verbindung setzen und Sie bitten, das Thema beim Informellen Rat der Verkehrsminister Ende Oktober auf die Agenda zu schreiben.“ Wenn die Kommission das Verfahren sehr rasch führt, wäre eventuell sogar ein „general approach“ am Verkehrsministerrat schon Anfang Dezember möglich.

 

Indes stellt das zweimal jährliche Umstellen der Uhren wegen der Sommerzeit aus Sicht der Schlafforschung kein allzu großes Problem dar. „Die biologischen Auswirkungen sind sehr begrenzt und kurzfristig“, betonte die Salzburger Schlafforscherin Christine Blume. Subjektiv könne aber vom Einzelnen auch eine Stunde durchaus als Beeinträchtigung wahrgenommen werden.

Die EU-Kommission hat jetzt einmal nur ein Vorschlagsrecht. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen dann zustimmen. Sollte das Hin und Her um eine Stunde tatsächlich abgeschafft werden, könnte jedes Land für sich entscheiden, ob es dauerhaft die Standardzeit – also Winterzeit – oder die Sommerzeit einführen möchte. Die Entscheidung, welche von beiden Zeiten dauerhaft gilt, ist eine nationale Angelegenheit und würde von einer Abschaffung der Zeitumstellung nicht berührt. Gut möglich, dass es dann noch mehr zeitliche Unterschiede geben würde. Schon jetzt gibt es drei Zeitzonen in der EU.

Historie

Die Sommerzeit wurde 1973 im Zuge der Ölkrise eingeführt, um Energie zu sparen. Mit der Zeitverschiebung sollte eine Stunde Tageslicht für Unternehmen und Haushalte gewonnen werden. Die erste Sommerzeit führte damals Frankreich ein. In den folgenden Jahren gab es quer durch Europa unterschiedliche Umstellungssysteme. Mit dem Zusammenschluss zur Europäischen Union wurde dieser Umstand beseitigt: Seit 1998 gibt es unter den EU-Mitgliedsstaaten einen harmonisierten Zeitpunkt: Die Uhren werden dabei immer am letzten Sonntag im März vor und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurückgestellt.